Merken

Forscher will Rittergut-Rätsel lösen

Das Rittergut hat einen neuen Eigentümer. Johannes Werner Kraus von Sande hat mit der Notsicherung begonnen.

Teilen
Folgen
© Dietmar Thomas

Von Sylvia Jentzsch

Obersteina. Historische Gebäude, auch wenn sie schon etwas verfallen, sind für Johannes Werner Kraus von Sande keine Schandflecke. „In ihnen steckt so viel Geschichte. Deshalb müssen sie erhalten werden“, so der 46-Jährige. Er hat von der Gemeinde das Herrenhaus in Obersteina und von Familie Paas den Rest des Rittergutes erworben. Nun sind er und Helfer oft in Obersteina anzutreffen.

Johannes Werner Kraus von Sande ist Jurist, Bauforscher und Geschäftsführer der KVS Residence. Das Unternehmen vermittelt unter anderem historische Gebäude, erstellt Baugutachten für alte Gebäude und Gärten. Außerdem leitet der 46-Jährige die KVS Akademie. Diese geht auf die im 16. Jahrhundert von dem Theologen und Philosophen Leonhard Kraus von Sande in Kipfenberg im Altmühltal gegründete Lateinschule zurück.

Zunächst wird Kraus von Sande mit Unterstützung einiger Mitarbeiter der KVS Residence etwas Ordnung auf dem Gelände schaffen und eine Notsicherung der Gebäude vornehmen. Diese sollen nicht weiter verfallen. Danach will der Bauforscher eine Bestandsaufnahme machen. Es geht zum einen um die Sanierung der Gebäude und zum anderen um die künftige Nutzung. Grundsätzlich hat sich Johannes Werner Kraus von Sande schon einen groben Überblick verschafft. Die Grundsubstanz der Gebäude ist trotz ihres Alters recht gut. Lediglich der Dachfirst eines Nebengebäudes schiebt nach außen. „Mit einem Ringanker ist da viel zu machen“, so der Fachmann. Die Dächer sind dicht. Nur einige Dachluken müssen noch verschlossen werden.

Ist die Notsicherung abgeschlossen, will der Bauforscher Kontakt mit der Denkmalbehörde aufnehmen und Vorschläge unterbreiten, wie die Sanierung aussehen könnte. Außerdem gebe es noch viele Rätsel zu lösen. So ist wahrscheinlich der Schuppen, der ein Teil der Gutsmauer ist, das älteste Gebäude des Ensembles. 1350 wurde das Herrenhaus das erste Mal urkundlich erwähnt. 400 Jahre später gab es einen großzügigen Umbau. Der Eigentümer des Rittergutes würde alte Fotos und Dokumente, die es von den Gebäuden vor 1944 gibt, sichten. „Vielleicht kann mir der eine oder andere Einwohner helfen“, so Kraus von Sande.

Begeistert ist er vom Gewölbe im ehemaligen Kuhstall. Hier könnte er sich eine gastronomische Nutzung vorstellen. Das Herrenhaus soll künftig unter anderem für die KVS Akademie genutzt werden. Dabei handelt es sich um ein zusätzliches Angebot zum Wissenserwerb sowohl für Schüler als auch für Erwachsene. „Der Schwerpunkt unserer Tätigkeit liegt im sprachlichen Bereich, in der Unterrichtung der Fächer Deutsch, Englisch, Latein, Griechisch, Spanisch, Italienisch, Russisch und anderer europäischer Sprachen“, so der Chef der KVS Akademie.

Er will aber nicht warten, bis das Gebäude saniert ist. „Mit dem Unterricht kann zeitnah begonnen werden, da wir auch Einzel- und Gruppenunterricht daheim anbieten. Damit unterscheiden wir uns unter anderem von Nachhilfeschulen“, sagte Johannes Werner Kraus von Sande.

Erfahrungen hat er damit in der Region Wettstetten in Oberbayern gesammelt. Ihm gehe es auch um natur- und tierunterstützte und Sonderpädagogik. „Nutzungsmöglichkeiten sehe ich hier viele. Ich muss ausloten, was geht.“ Auch wenn die Pläne für das Rittergut noch nicht feststehen, das Grundstück, auf dem die Obersteinaer mit Unterstützung der Gemeinde einen Spielplatz errichteten, hat Kraus von Sande schon für 20 Jahre kostenlos an die Kommune verpachtet.

Der neue Besitzer des Herrenhauses lebt in einem Vierseithof in der Nähe von Ingolstadt. Den hat er über Jahre selbst ausgebaut. Außerdem nahm er sich des ältesten Hirtenhauses Bayerns in der Oberpfalz an. Dabei handle es sich um ein einzigartiges Gebäude. Das Holz stamme noch aus dem Mittelalter. „Jetzt ist es soweit stabil“, sagte der Bauforscher. Er ist zuversichtlich, die Gebäude in Obersteina in Ordnung zu bekommen. „Ich habe schon mehrere Objekte gesehen und aufgebaut. Manche konnte man nicht einmal mehr betreten“, so Kraus von Sande.