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Fragwürdiger Sponsor

Ein Bekleidungsgeschäft aus Wilthen unterstützt jetzt den SV Bautzen. Das ist ein rechter Laden, sagen Kritiker.

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© Screenshot: SZ

Von Marleen Hollenbach

Bautzen/Wilthen. Er kann nicht anders. Steffen Grundmann muss das Thema offen ansprechen. Zu sehr beschäftigt ihn das, was er kürzlich auf der Facebook-Seite des SV Bautzen entdeckt hat. Eine Fußballmannschaft ist auf einem Bild zu sehen. Auf ihren Trikots und auf einem Banner prangt die Werbung des Nordland-Ladens aus Wilthen. „Das ist kein normales Bekleidungsgeschäft. Dort gibt es Marken zu kaufen, die bei Menschen in der rechten Szene beliebt sind“, sagt der Bautzener.

In seiner Position als Linken-Stadtrat ist Grundmann bei der Stadtratssitzung ans Mikro getreten. Er spricht, weil er nicht wegschauen will. Sport, so erklärt er, stehe für ein grenzenloses Miteinander, für Fair Play und Toleranz. Dazu passe der Nordland-Laden als Sponsor nicht. Vor allem deshalb, weil er zum Beispiel die Marke Thor Steinar vertreibt. Besonders Pullover oder Jacken von Thor Steinar tauchen immer wieder auch bei Neonaziaufmärschen auf. „Nicht umsonst ist die Marke im Sächsischen Landtag und im Dynamo-Stadion verboten“, sagt Grundmann. Die Stadt solle sich genau überlegen, ob sie den Verein weiter unterstützen will. Auch Roland Fleischer, der für die SPD im Bautzener Stadtrat sitzt, findet eine solche Trikotwerbung nicht in Ordnung. „Wir müssen signalisieren, dass wir etwas dagegen tun“, sagt er.

Die Stadt Bautzen hat den Verein in der Vergangenheit schon oft unterstützt. Wie Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) erklärt, erhielt der SV Bautzen 2012 zum Beispiel 6 000 für den Rasenplatz. Auch 2013 gab es einen kleinen Zuschuss. „In Zukunft werden wir uns das überlegen“, erklärt der Oberbürgermeister, der gern mit der Vereinsspitze über das Thema reden würde.

Eine leere Drohung ist das nicht. Auch bei der Boxabteilung des SV Post Germania taucht der Wilthener Nordland-Laden offiziell als Sponsor auf. Noch 2016 unterstützte die Stadt die jährlich stattfindende Boxmeisterschaft. „Aber weil der Verein nun diesen Sponsor hat, gab es von uns in diesem Jahr kein Geld mehr“, so Alexander Ahrens.

Eine Strafe vom Fußballverband?


Über Konsequenzen wird nicht nur im Stadtrat diskutiert. Der Westlausitzer Fußballverband (WFV), zu dem auch der SV Bautzen gehört, berät derzeit über die nächsten Schritte. In einem Schreiben erklärt der Verband, dass neonazistische und rassistische Ideologien dem Grundethos des Sports widersprechen. Ob man aber dem SV Bautzen den zweifelhaften Sponsor verbieten kann, möchte Geschäftsführer Gojko Sinde noch nicht beantworten. „Wir können einem Verein nicht einfach so vorschreiben, mit wem er zusammenarbeitet“, erklärt er. Man müsse sich jetzt über den Laden genau informieren. „Wenn wir rechtlich etwas in der Hand hätten, wäre es leichter“, sagt Sinde.

Auch auf dem Verein, so versichert der Verbandschef, liege jetzt ein besonderes Augenmerk. Bei einem ersten Gespräch habe man dem SV Bautzen schon geraten, das Fotos mit den Sponsorentrikots aus dem Internet zu nehmen. Schließlich geht es auch darum, wie sich der Fußballverband nach außen darstellt. Der Bautzener Verein ist offenbar diesem Hinweis gefolgt. Das Foto ist inzwischen als Titelbild von der Facebook-Seite des Vereins verschwunden.

Verbandschef Gojko Sinde erklärt, dass er sich noch aus einem weiteren Grund mit dem SV Bautzen beschäftigen muss. „Wir prüfen gerade, ob es eine Ordnungsstrafe für den Verein geben muss“, sagt er. Der SV Bautzen habe nämlich den neuen Sponsor nicht beim Fußballverband angemeldet. Die Anmeldung ist aber ein Muss, wenn die Trikotwerbung bei Turnierspielen getragen wird. Mit der Kontrolle der Sponsoren will der WFV verhindern, dass zum Beispiel staatsfeindlichen Symbole auf den Trikots zu sehen sind. Damit Vereine wissen, welche neonazistischen, rassistischen und antisemitischen Symbole es gibt, finden Fortbildungen mit dem Kulturbüro statt – die nächste ist Anfang des Jahres geplant.

Keine Antwort vom Verein

Markus Kemper gehört zu jenen, die aufklären wollen. Für das Kulturbüro ist er in Sachsen unterwegs. Ihn beschäftigt auch die Frage: Wann ist ein Geschäft tatsächlich ein rechter Laden? Der Betreiber des Nordland-Ladens und das Angebot waren immer mal ein Thema. Für Kemper steht fest: „Ein Geschäftsmann, der nicht in die Nähe der Neonazi-Szene gerückt werden will, bietet Marken wie Thor Steinar nicht an.“

Und was sagt der Ladenbesitzer dazu? Markus Rose möchte über dieses Thema nicht sprechen. Auch auf telefonische Nachfrage erwidert er nur: „Ich sage dazu gar nichts.“

Eine E-Mail mit vielen Fragen ließ auch der SV Bautzen unbeantwortet. Vereinschef Lutz Keller war für die Sächsische Zeitung am Freitag nicht zu sprechen. Dass sich die Vereinsspitze zurückzieht, sieht Landtagsabgeordneter Heiko Kosel (Linke) sehr kritisch. „Betroffen macht mich, dass sich bisher niemand aus dem Verein, weder Spieler noch Funktionäre, öffentlich von diesem Neonazi-Sponsor distanziert haben“, sagt er.