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Frank Richter verteidigt sich gegen Vorwürfe

In Meißen wird über die Rolle des OB-Kandidaten im Revolutionsjahr 1989 diskutiert. Ein Ex-OB steht ihm zur Seite.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson und Ulf Mallek

Meißen. Diese Sache ist Frank Richter wichtig. In einem Telefonat mit der Meißner SZ hat der parteilose Bewerber für den Chefposten im Meißner Rathaus sich jetzt gegen die Behauptung gewehrt, seine Verdienste während der Wendezeit Ende 1989 und Anfang 1990 übertrieben zu haben. Basierend auf einem zweiseitigen Schreiben des Meißner Rechtswissenschaftlers Johannes Zeller war zuvor von Kritikern wie dem AfD-Kommunalpolitiker Heiko Knorr geäußert worden, Richter sei nicht Gründer der Gruppe der 20 im Oktober 1989 in Dresden gewesen. Zudem wurde ihm abgesprochen, überhaupt ein Bürgerrechtler gewesen zu sein.

Frank Richter unter den Mitgliedern der Gruppe der 20. Auf dem Archivfoto ist Frank Richter mit Bart zu sehen.
Frank Richter unter den Mitgliedern der Gruppe der 20. Auf dem Archivfoto ist Frank Richter mit Bart zu sehen. © Ulrich Hässler/dpa

Richter hält dagegen. Er sagt, am 8. Oktober 1989 unter den auf der Prager Straße eingekesselten Demonstranten die Gruppe der 20 ins Leben gerufen zu haben. Unterstützt wird diese Version durch das Standardwerk der Forscher Michael Richter und Erich Sobeslavsky zur Gruppe der 20. Dort heißt es: „Richter hatte bereits seit dem 4. Oktober die Idee der Bildung einer ‚Gruppe von der Straße’, die nicht von der Kirche gelenkt war und die mit den Vertretern des Staates verhandeln sollte.“ Am 8. Oktober sei der katholische Kaplan mit dem festen Vorsatz auf die Prager Straße gegangen, diese Idee in die Tat umzusetzen.

Durch mehrere Zufälle sollte es tatsächlich dazu kommen. Im Text ist weiter zu lesen: „Zunächst bat Richter darum, zehn Vertreter für ein mögliches Gespräch zu bestimmen.“ Er habe dazu aufgefordert, dass möglichst viele Alters- und Berufsschichten vertreten sein sollten. Durch einen spontanen Prozess sei schließlich aus der Menge heraus die Gruppe der 20 entstanden.

Korrigieren möchte Richter auch die Aussage von Kritikern, ihm sei der Austritt aus der Gruppe vom katholischen Bischof Joachim Reinelt nahegelegt worden. Nach Aussagen des 58-Jährigen geschah dies vielmehr freiwillig und ohne Druck. Bestätigt wird dies durch Aussagen des früheren Dresdner Oberbürgermeisters Herbert Wagner (CDU). Er berichtet, am 9. Oktober sei Richter aus eigenem Antrieb vom Mitglieds- in den Beraterstatus gewechselt. Eine aktivere Rolle habe er nicht „mit dem Verständnis der katholischen Kirche über die parteipolitische Zurückhaltung eines Seelsorgers“ vereinbaren können.

Wagner sagte am Mittwoch der SZ, dass er als Nachrücker für Richter am Abend des 9. Oktobers in der Dresdner Hofkirche in die Gruppe gewählt wurde. Doch am zweiten Rathausgespräch mit dem damaligen Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer (SED) kurz danach durfte Wagner noch nicht teilnehmen, sondern Frank Richter. 14 Tage danach sei er dann aber ganz ausgeschieden, so Richter im Gespräch mit der SZ.

Für Herbert Wagner, der von 1990 bis 2001 Dresdner OB war, steht fest: „Frank Richter ist für mich der Gründer der Gruppe der 20. Er hatte diese Idee schon seit Anfang Oktober 1989 in seinem Kopf gehabt.“

Im Zusammenhang mit seiner Rolle als Initiator und Organisator des Austauschs zwischen den Protestierenden und der SED-Obrigkeit im Oktober 1989 verweist er auf die zahlreichen Auszeichnungen, welche er erhalten habe. Besonders stolz sei er auf den Erich-Kästner-Preis, den ihm der Presseclub Dresden 1995 verlieh. Die Laudatio hielt damals Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth (CDU).

Neben der Diskussion um Richter hat sich am Mittwoch zudem die Auseinandersetzung um Entgleisungen im Wahlkampf fortgesetzt. Auslöser war ein offener Brief von 15 Meißner Persönlichkeiten. Sie geben an, wegen ihres Engagements für Amtsinhaber Olaf Raschke (parteilos) aus Unterstützerkreisen von Frank Richter verbal angegriffen worden zu sein. Im Gegenzug spricht Kulturvereinschef und Richter-Unterstützer Walter Hannot von „offenem Denunziantentum“. Dies bleibe das Schreiben, so lange die Unterzeichner der Öffentlichkeit verschwiegen, wie und von wem konkret sie attackiert worden seien. Hannot empfiehlt, Strafanzeige zu stellen, wenn es strafrechtlich relevante Anschuldigungen gebe. Sonst müssten die Verfasser des Briefes akzeptieren, dass zur freien Meinungsäußerung auch aus ihrer Sicht negative Meinungen gehörten.