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Frauenmahl auf Wackerbarth

Die Teilnehmerinnen reden auch über die Küche als ein Ort Gottes.

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© Robert Michael

Von Birgit Andert

Radebeul. Ein Raum. Neun Tische. Zehn Frauen an jedem Tisch. So die Versuchsanordnung im Weinkeller von Schloss Wackerbarth. Sachsens Landeskirche hatte kürzlich gemeinsam mit den zwei evangelischen Gemeinden der Stadt und Wackerbarth zu einem Frauenmahl geladen. Wo in guter lutherischer Tradition zwischen den Gängen eines festlichen Menüs Tischreden gehalten werden. Aber anders als vor 500 Jahren sitzen Frauen an den Tischen, äußern ihre Meinung zu Kirche und Gesellschaft.

„Wir sind Reformerinnen – Frauen geben Impulse für die Zukunft“ – das ist das Motto der Frauenmahle, die in ganz Deutschland stattfinden und ein Beitrag der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Reformationsdekade sind.

Das Thema des Radebeuler Abends „Satt werden an Leib und Seele: Die Welt an meinem Küchentisch“. So dreht sich der erste Vortrag von Alexandra Prinzessin zur Lippe nach dem ersten Gang um regionales Wirtschaften im Gegensatz oder als Ergänzung zur Globalisierung. Danach diskutieren die Frauen angeregt. Können wir mit unserem Einkaufsverhalten den Markt beeinflussen? Wie viel Verantwortung trägt jeder Einzelne für die Bewahrung der Schöpfung? Wer kann sich – teure – regionale Produkte überhaupt leisten?

Den Vortrag Nummer zwei „Vom Egoismus des Essens“ hat Pfarrerin Annegret Fischer vorbereitet. Wird allerdings krankheitshalber vertreten von Kathrin Wallrabe, Gleichstellungsbeauftragte im Landeskirchenamt. Sie spricht von der Vielfalt an Ernährungsstilen, die dazu führen, dass gemeinsames Essen immer schwieriger wird. Ihre provokante Frage: Wird Essen heute zum Religionsersatz? Tatsächlich haben auch die Teilnehmerinnen des Frauenmahls damit schon Erfahrungen gemacht und erzählen, was sie tun, wenn von 15 Gästen kaum einer das angebotene Hauptgericht essen möchte.

Die Leipziger Theologie Christiane Thiel schließlich startet nach dem Hauptgang eine kulinarische Reise durch die Bibel. Skizziert amüsant und anschaulich, wie eng die Geschichte Gottes mit den Menschen, mit der Küche und ihrer Zauberkraft verbunden ist. Vom Streit zwischen Kain und Abel über den Wert des Lebensmittelopfers vor Gott, das Pessachfest im Zeichen der Kochkünste der jüdischen Hausfrau bis hin zur Geschichte der Abigail, die mit ihren Köstlichkeiten den wütenden David vom Morden abhält – die Küche, so Christiane Thiel, „ist ein Ort Gottes, wenn ich da für den Frieden backe“.

Auch dieser Vortrag löst noch einmal angeregte Diskussionen über die versöhnende Kraft des Essens aus, ehe die Moderatorinnen der Tischgespräche das Besprochene in kurzen Thesen mit den anderen Gästen teilen. Satt geworden an Leib und Seele kehren die Frauen an dem Abend nach Hause zurück.

www.frauenmahl.de