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Ein zäher Prozess

Frauke Petrys Verteidiger weist den Vorwurf des Meineids zurück. Eine Zeugenbefragung gerät zur Geduldsprobe.

Von Karin Schlottmann
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Frauke Petry (l), frühere Bundesvorsitzende der AfD, und ihr Anwalt Carsten Brunzel,  vor Beginn der Verhandlung im Gerichtsaal.
Frauke Petry (l), frühere Bundesvorsitzende der AfD, und ihr Anwalt Carsten Brunzel, vor Beginn der Verhandlung im Gerichtsaal. © dpa/Monika Skolimowska

Dresden. Es ist der erste Tag der Winterferien und trotzdem sitzt eine Gruppe von Schülerinnen aus Radebeul im Gerichtssaal. Der Prozess interessiere sie, sagt eines der Mädchen. Es ist kein alltägliches Verfahren, das an diesem Montag vor dem Landgericht Dresden begonnen hat. Auf der Anklagebank sitzt die frühere AfD-Chefin Frauke Petry, sie muss sich wegen Meineids verantworten.

Petry will sich vorerst nicht äußern. Ihr Ehemann Marcus Pretzell, der wie sie die AfD inzwischen verlassen hat, sitzt als Beistand während des Prozesses neben ihr. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Dresden, gegen den sie sich verteidigen muss, wiegt schwer und die juristische Aufklärung der Polit-Affäre entwickelt sich bereits am ersten Verhandlungstag zu einer Geduldsprobe für Gericht und Zuhörer.

Petry soll am 12. November 2015 im Wahlprüfungsausschuss des Landtags gelogen und ihre Falschaussage mit einem Eid bekräftigt haben. Dass sie sich damals in ihrer Vernehmung durch die Parlamentarier zu Details der Wahlkampf-Finanzierung nicht richtig erinnerte, bestreitet sie nicht. Ihr Verteidiger Carsten Brunzel wirft den Abgeordneten des Wahlprüfungsausschusses jedoch vor, sie vorsätzlich und aus politischen Motiven in den Meineid getrieben zu haben. In einer Erklärung zu Beginn des ersten Prozesstages wies er die Anklage auch aus rechtlichen Gründen zurück. „Die Angeklagte ist unzulässigerweise vereidigt worden“, sagte er. Es gebe keine juristische Grundlage für eine Vereidigung durch den Ausschuss. Rechtslage, Zeitablauf und die Gesamtumstände wären Anlass, das Strafverfahren gegen Petry zu stoppen, forderte Brunzel.

Hintergrund der Wahlprüfung war ein interner Streit in der AfD im Vorfeld der Landtagswahl. Bei der Suche nach Geldquellen für den Wahlkampf war die AfD im Internet auf eine Variante gestoßen, die angeblich auch von anderen Parteien außerhalb Sachsens praktiziert wird. So haben es AfD-Funktionäre einem Ermittler des Landeskriminalamtes geschildert, den das Gericht am Montag als ersten Zeugen hörte. Die AfD forderte 2014 von ihren Kandidaten Darlehen, die laut Vertrag im Falle eines gewonnenen Mandats in eine Spende an die Partei umgewandelt wurden. Für vordere Listenplätze wurden höhere Kredite verlangt als für die weniger aussichtsreichen Positionen. Die Spanne bewegte sich zwischen 1 000 und 3 000 Euro.

Nach der Wahl focht ein früheres AfD-Mitglied das Ergebnis der Landtagswahl an. Er sei von der Partei nachträglich als Listenkandidat gestrichen worden, obwohl die Basis ihn auf Listenplatz 14 gesetzt hatte. Grund dafür war, so argumentierte er, seine Weigerung, einen Darlehensvertrag zu unterschreiben. Lauf AfD habe es aber keinen Zusammenhang gegeben zwischen Kreditvergabe und Listenplatzierung.

Der Konflikt landete schließlich vor dem Wahlprüfungsausschuss des Landtags. Petry, die damals noch Vorsitzende von Partei und Landtagsfraktion der AfD war, wurde vorgeladen und vernommen. Nach ihrer nicht korrekten Darstellung sei kein Bewerber gezwungen worden, sein Darlehen in eine Parteispende umzuwandeln.

Marco Schiemann, CDU-Abgeordneter und Vorsitzender des Wahlprüfungsausschusses, warf der AfD vor, die Untersuchungen durch mangelnde Kooperation blockiert zu haben. Die Untersuchungen hätten sich dadurch unnötig in die Länge gezogen, sagte er am Montag als Zeuge vor Gericht. Darüber hinaus erinnerte sich Schiemann kaum an die Arbeit des Gremiums. Immer wieder bat er das Gericht, sich die alten Protokolle anzusehen, immer wieder belehrte ihn der Vorsitzende Richter Christian Linhardt, dass er als Zeuge Fragen beantworten müsse und sich nicht stereotyp auf Erinnerungslücken berufen dürfe. Schiemann wich häufig aus oder schilderte ausführlich formale Verfahrensabläufe. „Ich könnte noch viele Fragen stellen, aber ich glaube, das hat keinen Sinn“, sagte Linhardt irgendwann entnervt.

Kultusminister Christian Piwarz (CDU) saß derweil auf dem Gang vor dem Gerichtssaal. Piwarz ist ebenfalls Mitglied des Ausschusses. Das Gericht wollte auch von ihm wissen, warum die Abgeordneten Petry nicht auf ihren Fehler hinwiesen, sondern sie in Kenntnis der unwahren Aussage vereidigten. Piwarz sagte, er sei davon ausgegangen, dass der Politikerin die Widersprüche selbst aufgefallen seien. Gelegenheit dazu habe sie gehabt. Sie sei immer wieder an die Wahrheitspflicht erinnert worden. Die Details der Darlehensverträge habe er selbst nicht gekannt.

In den nächsten Verhandlungstagen will das Gericht Mitglieder der AfD-Fraktion als Zeugen hören.

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