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Fraunhofer-Forscher rüsten auf

Das Kunststoffzentrum Oberlausitz in Zittau stellt Wissenschaftler ein und bekommt fünf Mal mehr Fläche für Versuche.

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© Matthias Weber

Von Thomas Mielke

Das „Fraunhofer-Kunststoffzentrum Oberlausitz“ auf dem neuen Campus der Hochschule Zittau/Görlitz am Stadtring hat einen wichtigen Meilenstein geschafft: Es trägt sich inzwischen selber. „Insbesondere durch erfolgreiche Kooperationsprojekte mit Oberlausitzer Unternehmen und der Industrie jenseits der Grenze“, teilte Martin Lamß vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik in Chemnitz, zu dem das Zentrum gehört, auf SZ-Anfrage mit. „Zudem hat sich das Kunststoffzentrum als enger Partner der Hochschule Zittau/Görlitz und als Treiber regionaler Initiativen etabliert.“

... der im Fraunhofer-Technikum am Zittauer Stadtring steht. Weil es gut läuft, werden die Technik nun deutlich erweitert und zusätzliche Forscher angestellt.
... der im Fraunhofer-Technikum am Zittauer Stadtring steht. Weil es gut läuft, werden die Technik nun deutlich erweitert und zusätzliche Forscher angestellt. © SZ Thomas Eichler

Das Kunststoffzentrum hatte eine Anschubfinanzierung von der öffentlichen Hand und zudem Rückendeckung der Fraunhofer-Gesellschaft bekommen. Ab diesem Jahr musste es aber nach Angaben seines Chefs, Professor Sebastian Scholz, die Wende geschafft haben und sich wirtschaftlich selber tragen. 40 Prozent des Geldes sollen über Aufträge aus der Industrie erwirtschaftet werden und 40 Prozent durch Forschungen an Projekten der öffentlichen Hand. Dazu kommt eine Grundfinanzierung von Bund und Land.

Das Ende der Entwicklung ist damit aber noch nicht erreicht. „Um dem wachsenden Bedarf der regionalen Industrie nach hochkarätiger Forschung und Entwicklung gerecht zu werden, wird das Fraunhofer-Kunststoffzentrum Oberlausitz zukünftig weiter seine Kernkompetenzen im regional wichtigen Bereich der Kunststoffverarbeitung ausbauen“, heißt es aus Chemnitz. Deshalb gehen die Forscher nun den nächsten Schritt und erweitern ihren Zittauer Standort mit Unterstützung der öffentlichen Hand – und das gemessen an den bisherigen Daten gleich im ganz großen Stil. „Der Bund-Länder-Ausschuss ist der Empfehlung der Landesregierung gefolgt“, teilte Lamß mit. „Die politische Unterstützung durch Michael Kretschmer, Dr. Stephan Meyer und Dr. Eva-Maria Stange war dabei eine große Hilfe.“ Die Fläche für Versuche im vorgesehenen Anbau hinter dem bestehenden Gebäude für den Betrieb der bewilligten Forschungsgeräte wächst von derzeit 146 Quadratmeter auf weit über 700 Quadratmeter. „Das Versuchsfeld wird mit hochmodernen Kunststoffverarbeitungsmaschinen und Analysegeräten für die Forschung und Entwicklung im Bereich Leichtbau und additive Fertigung ausgestattet“, teilte Lamß weiter mit. Die Investitionskosten belaufen sich nach derzeitigen Schätzungen auf rund sechs Millionen Euro. Das bestehende Gebäude hatte rund 2,5 Millionen Euro gekostet. „Die geplante Personalentwicklung sieht eine mittel- bis langfristige Steigerung des wissenschaftlichen Personals um zusätzlich circa 20 Mitarbeiter vor, sodass sich die Anzahl des wissenschaftlichen Personals bei circa 35 bis 40 Mitarbeitern einpegeln wird“, so Lamß. Sie sollen sich zielgerichtet auf relevante Themenschwerpunkte und Branchen spezialisieren, zum Beispiel auf Leichtbautechnologien in der Schienenfahrzeug- und Energieerzeugungsindustrie. Zudem sind zehn Arbeitsplätze für Gastwissenschaftler und Studenten geplant. „Durch die strategische Ausweitung der Forschungsaktivitäten und Kooperationen soll das Fraunhofer-Kunststoffzentrum Oberlausitz zu einem bedeutenden Einflussfaktor für die Innovationskraft der Region wachsen“, heißt es aus Chemnitz. Mit dem Bau wird voraussichtlich im Sommer 2019 begonnen.

Die weltweit renommierte Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung ist ein Verein mit Hauptsitz in München und eigenen Angaben zufolge die größte Organisation für anwendungsorientierte Forschung in Europa. Sie forscht für die Allgemeinheit, für Unternehmen und beschäftigt über 20 000 Menschen. Eines ihrer Institute ist das IWU in Chemnitz. Dieses hat 2011 eine Projektgruppe für die Oberlausitz gegründet, weil sie samt ihrer tschechischen Nachbarregion einen Schwerpunkt der kunststoffverarbeitenden Industrie in Europa bildet. Bei der Wahl des endgültigen Standortes für das Kunststoffzentrum Oberlausitz setzte sich Zittau gegen Görlitz durch. Innerhalb von fünf Jahren wurde aus dem dreiköpfigen Start- ein 20-köpfiges Team. 2016 ist ihr Technikum eröffnet worden. Es forscht vor allem daran, in welchen Bereichen normale und faserverstärkte Kunststoffe Vorteile gegenüber anderem Material haben.