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Freiberufliche Hebammen in Sachsen schlagen Alarm

Steigende Versicherungsprämien und Dauerbelastung: Immer mehr Hebammen hängen die Geburtshilfe an den Nagel. Die Folgen bekommen werdende Mütter zu spüren - in der Großstadt und auf dem Land.

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© Symbolfoto: dpa

Dresden/Hoyerswerda. Sachsens Hebammen schlagen angesichts weiter steigender Versicherungsprämien Alarm. „Inzwischen ist vor allem die Versorgung in Schwangerschaft und Wochenbett in Gefahr und bereits nicht mehr gut abgedeckt“, sagte Sachsens Hebammenverbandsvorsitzende Grit Kretschmar-Zimmer. Beim Verband häuften sich derzeit die Beschwerden von Frauen, die keine Hebamme für die Betreuung vor und nach der Geburt fänden. Derzeit sind im Landesverband rund 820 Hebammen organisiert - etwa drei Viertel der Frauen arbeiten zumindest teilweise freiberuflich.

Seit Jahren bangen gerade freiberufliche Hebammen wegen hoher Haftpflichtprämien um ihre Existenz, immer mehr verabschieden sich laut Verband aus der Geburtshilfe. Der Verband kritisiert, dass es keine offizielle Statistik gibt. „Zahlen fordern wir seit Jahren“, erklärte Kretschmar-Zimmer.

Zum 1. Juli hat sich die jährliche Versicherungsprämie für freiberufliche Geburtshelferinnen um rund neun Prozent auf 6843 Euro erhöht. 2017 soll der Beitrag weiter steigen. Den mit den Kassen ausgehandelten Sicherstellungszuschlag, nach dem die Hebammen einen Teil des Geldes zurückbekommen, reicht laut Verband nicht aus. Die Versicherung greift, wenn das Kind durch einen Fehler bei der Geburt schwer geschädigt wird.

Geburten außerhalb von Kliniken - zu Hause oder im Geburtshaus - lassen sich nach Einschätzung des Hebammenverbandes kaum noch realisieren. Das Recht auf die Wahl des Geburtsortes, das per Gesetz geregelt sei, gebe es praktisch nur noch auf dem Papier, so Kretschmar-Zimmer. Ob in boomenden Großstädten wie Leipzig und Dresden oder auf dem Land: „Die Not ist gleich groß.“ In den Städten fehle es insgesamt an Hebammen, auf dem Land seien die immer länger werdenden Wege problematisch.

Das Hebammenhaus Dresden, eines von drei Geburtshäusern in der Landeshauptstadt, verweist derzeit darauf, dass wegen der „unsicheren Perspektive für freiberufliche Hebammen mit Geburtshilfe“ zunächst bis September keine Geburten mehr möglich sind.

Die Grünen im sächsischen Landtag, die bereits 2015 einen Notfonds für freiberufliche Hebammen forderten, schlagen darüber hinaus einen Runden Tisch zur Sicherung der Hebammenversorgung in Sachsen vor. Fraktionsvorsitzender Volkmar Zschocke verwies auf andere Kommunen in Deutschland, die freiwillig Zuschüsse an Hebammenpraxen zahlen oder Teile der Haftpflichtprämie übernehmen. „Wir wollen, dass einer der wichtigsten Berufe der Menschheit nicht still und leise verschwindet.“

Die Probleme würden aber nicht allein durch die Versicherungsprämien verursacht. „Alles muss heute schnell, effizient und wirtschaftlich laufen“, erklärte der Grünen-Politiker. Davon seien neben freiberuflichen Hebammen auch angestellte Hebammen in der Klinik betroffen. So wurden zahlreiche Entbindungsstationen im ländlichen Raum geschlossen - unter anderem in Großenhain, Sebnitz oder Oschatz. (dpa)