Döbeln
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Freie Fahrt auf der neuen B 175

Der größte Abschnitt der B 175 ist am Montag eröffnet worden. Damit geht auch eine über 100-jährige Ära zu Ende.

Von Jens Hoyer
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Seit dem Montagmorgen fahren Autos auf dem neuen Abschnitt der B 175.
Seit dem Montagmorgen fahren Autos auf dem neuen Abschnitt der B 175. © Jens Hoyer

Döbeln. Die Eröffnung der neuen B 175 erfolgte unspektakulär. Ganz ohne Bändchendurchschneiden von Politikern selbst in Zeiten des Wahlkampfs. Nach 9 Uhr versammelten sich Vertreter zuständiger Fachämter des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (Lasuv), von Kreis und Stadt und der Baufirma auf der neuen Brücke über die B 175. Eine Kehrmaschine der Strabag schrappt bei laufendem Verkehr noch den Dreck der letzten Monate von der Straße. 

Absperrungen wurde auf die alte B 175 gestellt, andere weggenommen. Um 9.35 Uhr bretterte das erste Auto die lange Gefällestrecke von der Autobahnanschlussstelle Döbeln Ost hinunter bis zu den Gewerbegebieten. Dort endet der freigegebene Abschnitt vor der Chausseehauskreuzung. Denn mittendrin fehlen noch einige hundert Meter Straße. Stattdessen nimmt der gesamte Verkehr von der Bundesstraße weiter die Umleitung durchs Gewerbegebiet Ost Ia. Dazu ist am Montag auch die neue Brücke über die Bundesstraße in Betrieb genommen worden.

Hoch hinaus: Heidrun und Uwe Reichelt bekommen einen Straßendamm vor ihr Haus. Damit haben sie nicht gerechnet. Zu ändern ist das nicht mehr.
Hoch hinaus: Heidrun und Uwe Reichelt bekommen einen Straßendamm vor ihr Haus. Damit haben sie nicht gerechnet. Zu ändern ist das nicht mehr. © Jens Hoyer

Mit der Straßenfreigabe ist eine Ära zu Ende gegangen. Die „Gake“, besser, die Gakendelle, wird aus dem Bewusstsein der Döbelner verschwinden. Vor weit über 100 Jahren war die Chaussee angelegt worden, die im rechten Winkel das Tal des Bielbachs durchquert.

 Damals war das ein enormer Fortschritt, heute genügt die Straße den Anforderungen nicht mehr. Geringe Straßenbreite, schlechte Sichtverhältnisse und enorme Gefälle und Steigungen sorgten dafür, dass sich viele Unfälle ereigneten und im Winter liegengebliebene Laster die Straße blockierten.

Das Chausseehaus bei Zschäschütz erinnert noch an die ersten Jahrzehnte der Straße. Dort kassierte das Königreich Sachsen das Chausseegeld von allen, die die Straße benutzen wollten. Heute wohnen Heidrun und Uwe Reichelt in dem Haus direkt neben der Bundesstraße, es befindet sich schon seit langer Zeit im Familienbesitz, erzählten sie.

 Den Ausbau der Straße sehen sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Wir hoffen ja, dass es bei uns weniger Verkehr gibt, wenn die Leute schon weiter oben zu Marktkauf abbiegen“, sagte Uwe Reichelt. „Es ist auch schön, dass es endlich Rad- und Fußwege an der Bundesstraße gibt.“

Die Kritik der beiden an der neuen Straße erschließt sich mit einem Blick. Während der Verkehr früher auf Grundstückhöhe am Haus vorbeirauschte, führt die neue Fahrbahn mindestens 1,5 Meter höher vorbei. Wenn die Reichelts im Parterre aus dem Fenster blicken, schauen sie auf eine Böschung. 

Kehren vor der Straßeneröffnung: Für die Umleitung wird jetzt die neue Brücke über die B 175 genutzt. Die ist nur provisorisch angebunden.
Kehren vor der Straßeneröffnung: Für die Umleitung wird jetzt die neue Brücke über die B 175 genutzt. Die ist nur provisorisch angebunden. © Jens Hoyer

Wie sehr das Straßenniveau angehoben wird, sei aus den Planungsunterlagen für sie nicht ersichtlich gewesen. „Es fehlte ein Höhenprofil“, so Reichelt. Deshalb hatten die Hauseigentümer im Planfeststellungsverfahren auch keinen Einspruch wegen der Fahrbahnhöhe angemeldet. Dann war es zu spät. „Wir haben alles versucht, aber das ging nicht mehr zu ändern.“

Bedenken hegen die Hausbesitzer auch noch wegen eines anderen Punktes. In der Kurve am Chausseehaus ist nicht geplant, eine Leitplanke zu installieren, die Fahrzeuge hindert, die Böschung hinunter ins Haus oder aufs Grundstück zu brettern. „Das Lasuv sagt, Leitplanken sind innerorts nicht vorgeschrieben“, so Reichelt.

Ein Fakt versöhnt die Hausbesitzer etwas mit den Zumutungen. Weil die Grundstücksentwässerung in den Straßengraben zugeschüttet wurde, konnten sie das Haus endlich ans Kanalnetz anschließen lassen und die abflusslose Grube in den Ruhestand schicken.

Bis Ende des Jahres wird das Lasuv jetzt die Lücke im Straßenverlauf schließen. An der Chausseehauskreuzung beginnen jetzt die Bauarbeiten. In etwa zwei Monaten gibt es noch einmal eine Umstellung. Dann soll ein noch fehlendes Stück Straße vom Gewerbegebiet Ost Ia zur Brücke gebaut werden. Dann wird der Verkehr zum Gewerbegebiet 1b und nach Mochau noch einmal für kurze Zeit über die Chausseehauskreuzung geführt.

Zeitgleich zum Ausbau der Kreuzung beginnt ab der kommenden Woche auch der Rückbau der alten B 175. Der Trassenverlauf bleibt nur in bestimmten Abschnitten als Wirtschaftsweg erhalten.