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Freital bekommt neuen Finanzbürgermeister

Der bisherige Amtsinhaber tritt bei der Wahl in drei Wochen nicht mehr an. Nun gibt es einen Favoriten.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Wie viel Geld kann Freital ausgeben? Was kann die Stadt für die Integration von Flüchtlingen tun? Und welche Schulen müssen als Nächstes saniert werden? Um die Beantwortung dieser und anderer wichtiger Fragen für Freital wird sich künftig ein neuer Bürgermeister kümmern.

Bei der anstehenden Wahl am 1. September wird der bisherige Amtsinhaber, Mirko Kretschmer-Schöppan (Freie Wähler), nicht mehr antreten. So heißt es aus Rathauskreisen. Damit muss sich der Stadtrat für einen neuen Kandidaten entscheiden. Dieser verantwortet als Erster Bürgermeister unter anderem die Bereiche Finanzen, Schulen und Asyl – und vertritt Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU).

Neun Bewerber haben bei der Stadt ihre Unterlagen eingereicht. Der Ältestenrat, ein Gremium mit fünf Fraktionschefs des Stadtrates, hat in der vergangenen Woche hinter verschlossenen Türen eine Vorauswahl getroffen. Bei Bürgermeisterwahlen in der Vergangenheit blieben danach drei Kandidaten zur Auswahl übrig. Am 23. August stellen sich diese für geeignet befundenen Bewerber im Finanz- und Verwaltungsausschuss den Stadträten vor – ebenfalls nichtöffentlich. Zur Stadtratssitzung am 1. September wird gewählt. Zuvor gibt es eine nochmalige Vorstellungsrunde – diesmal öffentlich. Laut Gemeindeordnung sollen sich die Räte mit Oberbürgermeister Uwe Rumberg auf einen Kandidaten einigen. Gelingt das nicht, ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für einen Kandidaten nötig.

Obwohl die Stadtverwaltung offiziell keine Namen der Bewerber nennt, ist zumindest der Name eines Kandidaten bekannt: Peter Pfitzenreiter, derzeit noch Fraktionschef der CDU im Stadtrat. Das sagen Stadträte und ehemalige Verwaltungsmitarbeiter. Pfitzenreiter selbst will sich nicht dazu äußern, dementiert seine Bewerbung aber auch nicht. Er ist zugleich der Favorit für den Posten – trotz seines jungen Alters von 29 Jahren.

Innerhalb kürzester Zeit hat sich der Freitaler im Stadtrat einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Pfitzenreiter war erstmals zur Kommunalwahl 2014 für die CDU angetreten und hatte aus dem Stand heraus ein gutes Ergebnis eingefahren. Im November des gleichen Jahres wurde er zum Fraktionschef gewählt. Er hat es geschafft, die vormals zerstrittene Fraktion zu einen – auch, weil nach der Wahl 2014 weitere neue CDU-Stadträte hinzugekommen sind. Pfitzenreiter steht für einen besonnenen Politikstil. In Hintergrundgesprächen setzt er sich für Lösungen ein, die von möglichst vielen Stadträten getragen werden.

Er scheut sich auch nicht, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Er verteidigte im vergangenen Jahr die Steuererhöhung, um die Einnahmen für die Stadt zu steigern. An anderen Stellen will er sparen, damit Freital einen ausgeglichenen Haushalt erreicht. Um möglichst viele Menschen frühzeitig an den Diskussionen zu beteiligen, hat er in der CDU öffentliche Fraktionssitzungen eingeführt – wenn auch mit mäßigem Zuspruch.

Pfitzenreiter ist in Freital gut vernetzt. Der gebürtige Brandenburger ist in Freital aufgewachsen, hier zur Schule gegangen. Für die Tanzschule Richter ist er auf Tanzturnieren unterwegs. Vor Kurzem wurde er mit einem Team erneut Deutscher Meister bei einem Amateur-Wettbewerb. 2010 gründete er, noch während seines Lehramtsstudiums, ein Unternehmen, das Nachhilfe anbietet. Seit zwei Jahren unterrichtet Pfitzenreiter Mathematik und Physik am Gymnasium Tharandt. Er ist Mitglied in der Freitaler Arbeitsgemeinschaft Radverkehr, die sich unter anderem für einen sicheren Radweg auf der Dresdner Straße einsetzt. Im Oberbürgermeister-Wahlkampf im vergangenen Jahr hat er im Hintergrund die Strippen für Uwe Rumberg gezogen.

Kritik am Amtsinhaber

Rumberg unterstützt die Kandidatur seines Parteifreundes, heißt es. Sollte sich Pfitzenreiter bei der Wahl durchsetzen, hätte er einen Vertrauten an der Rathausspitze. Manche sagen sogar, dass Pfitzenreiter, sollte er sich als Finanzbürgermeister bewähren, Freitals nächster Oberbürgermeister werden könnte. Bei der nächsten Wahl 2022 wäre Rumberg 63, fast 64 Jahre alt. Ob er dann noch einmal antritt, ist offen. Pfitzenreiter wäre dann 35 Jahre alt.

Warum der jetzige Finanzbürgermeister Mirko Kretschmer-Schöppan nicht noch einmal kandidiert, ist unklar. Trotz mehrfacher Versuche war er in den vergangenen Tagen telefonisch nicht zu erreichen. Seine siebenjährige Amtszeit endet offiziell am 5.Oktober. Kretschmer-Schöppan hatte 2009 etwas überraschend das Amt von Peter Antoniewski übernommen. Er war zuvor im Grundsatzreferat Haushalt des thüringischen Finanzministeriums beschäftigt und für seine neue Stelle von Döbeln nach Freital gezogen.

Wahrscheinlich hat Kretschmer-Schöppan erkannt, dass seine Chancen auf eine Wiederwahl gering sind. Die Kritik an seiner Arbeit in den vergangenen sieben Jahren wird jetzt, wo sich seine Amtszeit dem Ende zuneigt, immer lauter. Er habe sein Personal schlecht geführt, sagen Stadträte. Er habe kaum gestaltet, keine Ideen durchgesetzt. Die Umstellung der Haushaltsführung von dem kameralistischen System auf die Doppik habe länger gedauert als geplant. Die Kulturalltage, die Kretschmer-Schöppan verantwortet, seien ein Flop.

Ob Pfitzenreiter wirklich sein Nachfolger wird, entscheidet sich in der Stadtratssitzung am 1. September. Die Unterstützung von Oberbürgermeister Rumberg vorausgesetzt, braucht er eine Mehrheit von 17 der 33 Stadträte hinter sich. Die CDU-Fraktion stellt zwölf Stadträte. Da Peter Pfitzenreiter als Stadtrat bei der Wahl nicht mitstimmen kann, weil er zugleich Kandidat ist, kann er sich nur elf Stimmen sicher sein.