Von Matthias Schildbach
Nach fast 30 Jahren auf dem Thron war im Juni 1902 der sächsische König Albert 74-jährig gestorben. Während seiner Regentschaft ordnete sich das Königreich Sachsen in das 1871 neu gegründete Deutsche Kaiserreich ein, söhnte sich mit dem ewigen Feind Preußen aus und die Friedenspolitik hatte Vorrang. Nachdem die Zeitungen bereits über des Königs Krankheit und seinen Kräfteverfall berichtet hatten, brachte die Morgenausgabe der Dresdner Nachrichten vom 20. Juni 1902 die Meldung aus Schloss Sybillenort bei Breslau: "Seine Majestät König Albert ist heute Abend 8 Uhr sanft entschlafen."
Das Land trauerte aufrichtig, denn König Albert war ein beliebter Monarch gewesen. Vor allem die Bewohner des Plauenschen Grundes hatten König Alberts schnelles Handeln nach dem verheerenden Hochwasser 1897 nicht vergessen. Der König hatte unter Umgehung der Bürokratie das Militär mitsamt seiner zur Verfügung stehenden Technik zur Hilfeleistung in das Katastrophengebiet entlang der Weißeritz beordert.
Der Konservative Verein des Plauenschen Grundes bildete nach König Alberts Tod einen Ausschuss unter der Leitung von Ferdinand Max Georgi, dem Direktor des Königlichen Steinkohlenwerks Zauckerode, der mit Spenden die Finanzierung und Errichtung eines Denkmals auf dem Windberg organisierte. Zwei Jahre nach dem Tod König Alberts war es soweit. Pathetisch beschrieb die Weißeritz-Zeitung vom 19. August 1904 das neue Denkmal: "Weithin sichtbar erhebt sich, [...] dem Namen des unvergesslichen Sachsenkönigs gewidmete König-Albert Denkmal, dessen feierliche Weihe am heutigen Donnerstage stattfand. [...] und an dieser Stätte erhebt sich der 17 Meter hohe, aus bestem Sandstein aufgebaute Obelisk."
Architekt und Bildhauer waren hochrangig gewählt
Architekt des Obelisken war der Dresdner Max Hans Kühne (1874-1942). Er hatte an der Dresdner Kunstakademie als Meisterschüler von Paul Wallot (Architekt des Reichstags) studiert. Kühnes Gebäude sind bis heute gegenwärtig, zum Beispiel das Dresdner Schauspielhaus, die Diakonissenkirche in Dresden und das Schloss Wachwitz.
Der Dresdner Bildhauer Heinrich Wedemeyer schuf das an der Vorderseite des Denkmals angebrachte Reiterbild König Alberts. Geboren 1867 im westfälischen Sudershausen, hatte er wie Architekt Kühne an der Königlich-Sächsischen Kunstakademie zu Dresden Bildhauerei studiert, unter anderem als Meisterschüler von Professor Robert Diez. Unter Wedemeyers Händen entstanden viele bekannte Plastiken, wie das König-Albert-Denkmal auf dem Radeberger Marktplatz, der Gedenkstein für den in Loschwitz ermordeten Maler Gerhard von Kügelgen und seinen Sohn Wilhelm von Kügelgen. 1928 wurde er Professor an der Kunstakademie Dresden, 1941 verstarb er hier.
Das Standbild des Monarchen wurde in Generalsuniform dargestellt, auf dem Kopf den Helm mit Federbusch, in der rechten Hand den Feldherrenstab haltend. So sitzt er hoch zu Ross.
Die Dresdner Nachrichten schrieben am 20. August 1904: "Gestern nachmittag um halb 5 Uhr fand unter großem Andrange und unter Beteiligung von 23 Gemeinden, 74 Vereinen mit insgesamt über 1.000 Personen die Weihe des König-Albert-Denkmals auf dem Windberge bei Potschappel statt." Im imposanten Festzug befanden sich demzufolge 18 Fahnen. Die Weiherede hielt dem Bericht zufolge Direktor Georgi vom Königlichen Bergwerk. Er sei leider "von dem der Presse angewiesenen ungünstigen Platze und wegen des heftigen Windes" nur wenig zu verstehen gewesen. Der Redner habe auf den für Sachsen Geschichte bedeutungsvollen Tag der Einweihung hingewiesen, die Schlacht bei Gravelotte. Jene Schlacht wurde vom 16. und 18. August 1870 im Deutsch-Französischen Krieg gefochten. Albert von Sachsen, damals noch Kronprinz, führte die Sächsische Armee im deutschen Bundesheer gegen die Franzosen an.
Der regierende König Georg, der Bruder des geehrten König Albert, setzte den Besuch des neu geweihten Denkmals übrigens nicht auf seinen Tagesplan. Am Vortag weilte er mit der österreichischen Erzherzogin Maria Josepha, einer geborenen von Sachsen, und deren beiden Söhnen Karl und Maximilian auf Schloss Weesenstein. Am Tag der Denkmalsweihe pflegte König Georg private Bindungen, und das gar nicht so weit weg: Mit "dem jungen Erzherzog Karl und mehreren Herren vom Dienst einen Jagdausflug nach dem Ullersdorfer Revier." Der damals gerade 15-jährige Karl (1887-1922) sollte 1916 Kaiser von Österreich werden, der letzte der 1918 zerfallenen Donaumonarchie.
Die Menschen im Plauenschen Grund spendeten vor über 120 Jahren ihr Geld, um eines Staatsoberhaupts nach dessen Tod zu gedenken, das ihnen Gutes getan hatte. Die Monarchie der Wettiner, im Weihejahr des Windberg-Denkmals bereits 815 Jahre die Geschicke Sachsens lenkend, fand in den revolutionären Ereignissen des Jahres 1918 ihr Ende. Das Denkmal auf dem Freitaler Hausberg steht noch immer, auch wenn es den Namen König Alberts - zumindest im Volksmund - nicht mehr führt.