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Freital: So packen Händler "Click&Meet" an

Voraussichtlich ab kommenden Montag darf wieder eingekauft werden. Vorausgesetzt, man hat vorher einen Termin vereinbart. Wie läuft das?

Von Annett Heyse
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Martina Mildner vom "Nähkörbchen" an der Rabenauer Straße in Freital bereitet sich auf die Rückkehr der Kunden vor.
Martina Mildner vom "Nähkörbchen" an der Rabenauer Straße in Freital bereitet sich auf die Rückkehr der Kunden vor. © Egbert Kamprath

Die Blumenkübel sind bepflanzt und verleihen dem "Nähkörbchen" von Martina Mildner an der Rabenauer Straße in Freital frühlingshafte Farbtupfer. Und nicht nur das. Es soll auch ein Zeichen der Hoffnung sein, dass es nach wochenlangem Stillstand wenigstens ein bisschen vorwärtsgeht.

Denn aller Voraussicht nach erlaubt das Land Sachsen ab kommenden Montag die nächste klitzekleine Lockerung für den Einzelhandel: "Click&Meet", auf gut Deutsch Einkaufen nach Terminvereinbarung. Das zumindest hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer in Aussicht gestellt, eine genaue Regelung wird am Freitag erlassen.

Bei „Click&Meet“ können die Geschäfte von einem Hausstand nach vorheriger Terminabsprache und unter Einhaltung der Hygieneregeln betreten werden. Dazu werden die Daten erfasst, damit die Kontakte verfolgt werden können.

Bestellbuch liegt neben dem Telefon

Für das Geschäft von Martina Mildner wäre es zumindest ein kleiner Schritt in Richtung Normalität. "Ich kann mir gut vorstellen, dass das von den Kunden angenommen wird", sagt sie. Schon "Click&Collect", also bestellen und an der Ladentür abholen, habe ganz gut funktioniert. Die Händlerin verkauft Kurzwaren, Handarbeitsutensilien und Bastelbedarf. "Ich hatte dafür extra eine Handynummer eingerichtet. Mit Bildchen per Whatsapp hin- und herschicken, konnte ich einiges verkaufen."

Von den normalen Umsätzen sei das zwar immer noch weit entfernt, aber man bleibe an den Kunden dran und im Gespräch. "Und ich selbst konnte jeden Tag wenigstens ein paar Stunden in den Laden gehen und hatte etwas zu tun", sagt Martina Mildner.

Nun also dürften die Kunden bald in den Laden zurückkommen. Nur kleckerweise, aber immerhin. Allerdings ist der Aufwand dafür groß. Mildner ist derzeit Einzelkämpferin in ihrem Geschäft. Sie überlegt noch, eventuell einen Telefondienst zu bestimmten Zeiten einzurichten und hat sich schon einen Kalender für die Terminvergabe zurechtgelegt. "Das ist doch nichts, wenn ich hier im Laden die Kunden bediene und dann klingelt es zwischendurch ständig."

Extra Werbeplakate entworfen

Auf "Click&Meet" freut sich auch Sabine Stohr-Koitzsch. Sie und ihr Mann betreiben den alteingesessenen Uhren- und Schmuckladen Handke, eines der wenigen verbliebenen Fachgeschäfte an der Dresdner Straße in Freital-Potschappel. Auch bei ihnen habe "Click&Collect" ganz gut funktioniert, berichtet sie.

"Wir hatten einen Schaufensterverkauf eingerichtet und die Ware im Internet präsentiert. Da konnten die Kunden gleich bestellen und dann abholen. Vieles haben wir auch ausgeliefert."

Für Reparaturen war man ohnehin immer im Laden und hat auch an neuen Schmuckkollektionen gearbeitet. Nun freut sich Sabine Stohr-Koitzsch auf "Click&Meet" und hat schon ein Bestellbuch auf dem Ladentisch liegen. Die Geschäftsinhaber haben zudem extra Werbeplakate entwerfen lassen, die noch diese Woche ausgeliefert werden. "Dann dekoriere ich für die Frühlingssaison und freue mich auf unsere Kunden."

Angebote im Internet

Der Lockdown trifft die Einzelhändler an der Dresdner Straße besonders hart. Seit Jahren herrscht hier ein Ladensterben. Sabine Stohr-Koitzsch kommentiert, schon ohne Lockdown fühle sich Potschappel im Vergleich zu früher an wie ausgestorben. Sie hofft, dass nun nicht noch mehr Freitaler für immer zum Online-Handel abwandern.

Außerdem wünscht sie sich mehr Unterstützung von der Stadt. Zum Beispiel mittels Werbung. "In anderen Städten wie in Tharandt oder auch in Bautzen habe ich große Banner 'Kauft Lokal!' gesehen. Das fehlt mir in Freital."

Ganz untätig war die Stadt allerdings nicht. Über die Homepage gibt es einen Link zu "Kauf lokal", einem Informationsportal, in dem Händler, Gastronomen, Dienstleister und Handwerker ihre Angebote inserieren. Auch viele Freitaler Geschäfte sind dort verzeichnet. Unter einfachen Stichworten kann man gezielt nach ihnen suchen.

Fahrradkäufer wollen Probe fahren

Andreas Krause (rechts) und Achim Werner vom Geschäft "Fahrradkette" wissen: "Unsere Branche ist beratungsintensiv."
Andreas Krause (rechts) und Achim Werner vom Geschäft "Fahrradkette" wissen: "Unsere Branche ist beratungsintensiv." © Egbert Kamprath

Eine Branche, der im vergangenen Jahr trotz Frühjahrs-Lockdown die Kunden nahezu zugeflogen sind, ist der Fahrradhandel. Das Geschäft rund ums Zweirad boomt. "Es gibt dafür mehrere Gründe: verändertes Freizeitverhalten wegen Corona, gestiegenes Umweltbewusstsein und mit den E-Bikes ein viel größeres Angebot", zählt Andreas Krause, kaufmännischer Leiter bei "Die Fahrradkette", auf.

Deshalb wichen viele Kunden auch auf den Online-Shop des Fahrradhändlers aus, der zwischen Riesa und Pirna sechs Läden betreibt. "Click&Collect" wurde hervorragend angenommen, berichtet Krause.

Doch viele Interessenten wollen Fahrräder und auch Zubehör lieber im Laden kaufen. "Der Fahrradverkauf bleibt beratungsintensiv. Die Leute wollen schauen, vergleichen, Probe fahren." Kein Wunder also, dass mit den ersten warmen Tagen dieses Jahres das Telefon in der Freitaler Filiale kaum noch stillsteht.

Bei der Fahrradkette richtet man jetzt alles darauf aus, Anfang kommender Woche per Terminvergabe die Türen zu öffnen. Die Homepage wird entsprechend programmiert, Werbebanner sind in Arbeit, die Posts für die sozialen Medien werden vorbereitet. Der Laden ist voll mit Ware: Räder, Helme, Ersatzteile, Zubehör. "Wir lauern darauf, dass es endlich wieder losgeht", sagt Krause.

Freude im Medimax

Es werde auch höchste Zeit, sagt Axel Mertinkat. Er ist Geschäftsführer bei Medimax und unter anderem zuständig für die Filiale im Freitaler Weißeritzpark. Dort hat man ebenfalls alle notwendigen Vorbereitungen für "Click&Meet" getroffen - egal, ob die Kunden sich per Internet oder Telefon anmelden wollen. Auch das Hygienekonzept steht - man hat ja schon Erfahrung.

Doch es gibt ein Problem: Noch immer weiß man im sächsischen Einzelhandel nicht, was genau nun erlaubt wird. Wie viele Menschen werden sich in einem großen Markt wie dem Medimax gleichzeitig aufhalten dürfen, ist zum Beispiel eine der Fragen, die die Einzelhändler am meisten bewegt. "Wenn am Freitag die neuen Regeln bekanntgegeben werden, müssen wir auch erst einmal nachschauen, was wirklich geht", sagt Axel Mertinkat.

Trotzdem freut er sich, dass die Lockerung in Aussicht ist, auch wenn das erste Quartal 2021 betriebswirtschaftlich gesehen eine Katastrophe bleiben dürfte. "Es sind für alle schwierige Zeiten, aber wir wollen da sein. Das tut den Kunden gut und das tut unseren Mitarbeitern gut."

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