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"Ich will zu Parteien eine Alternative bieten"

Der Bannewitzer Bürgermeister Christoph Fröse möchte für die Freien Wähler in den Bundestag. Er wäre der Erste, dem das gelänge.

Von Gunnar Klehm
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Strebt nach einem neuen Amt: der Bannewitzer Bürgermeister Christoph Fröse.
Strebt nach einem neuen Amt: der Bannewitzer Bürgermeister Christoph Fröse. © Daniel Schäfer

Das kann man als gelungenen Coup bezeichnen. Die acht Mitglieder der Parteiorganisation der Freien Wähler im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge haben den Bannewitzer Bürgermeister Christoph Fröse als Direktkandidaten zur Bundestagswahl im September nominiert. Die meisten Freien Wähler sind in Wählervereinigungen organisiert und nicht Parteimitglied.

Fröse ist seit mehr als 13 Jahren im Amt. Zudem führt er ehrenamtlich die Fraktion der Freien Wähler im Kreistag an. Zur Bürgermeisterwahl im nächsten Jahr kann er nicht mehr antreten. Der dann 67-Jährige hat die Altersgrenze für eine Kandidatur als hauptamtlicher Bürgermeister erreicht. Sächsische.de fragte ihn, weshalb er trotzdem nicht von der Politik lassen will.

Herr Fröse, fühlen Sie sich noch zu jung für den politischen Ruhestand?

Das könnte man so sagen. Fürs Bürgermeisteramt habe ich zwar die Altersgrenze erreicht. Für den Bundestag gibt es so eine Grenze nicht.

Gefällt Ihnen der Politiker-Beruf so gut, dass Sie nicht davon lassen können?

Das mache ich ja nicht für mich, sondern für die Menschen in dieser Region, für die ich antrete. Wir hatten sehr gute Gespräche innerhalb der Freien Wähler. Seit meine Kandidatur öffentlich bekannt ist, habe ich zahlreiche Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern gehabt, die mir Respekt für die Entscheidung zollen und mich unterstützen.

Wann haben Sie den Entschluss gefasst?

Zu Ostern habe ich noch mal lange darüber nachgedacht. Die Politikverdrossenheit ist fast überall zu spüren, deshalb muss man zu den alteingesessenen Parteien eine Alternative bieten, parteiunabhängig. Da habe ich mir gesagt: Ich bringe mich noch mal ein!

Aber Sie treten doch für die Parteiorganisation der Freien Wähler an und müssen deshalb auch keine Unterstützungsunterschriften sammeln ...

Ich hätte mir auch die Unterschriften geholt. Das wäre kein Problem gewesen. Parteimitglied bin ich aber nicht, gehöre nur der Wählervereinigung für den Kreistag an. In den Organisationen der Freien Wähler herrscht aber ein neuer Geist. Es wurden schon viele Pläne gemacht. Da bin ich sehr zuversichtlich und will die Entwicklung gern mit einer Kandidatur unterstützen.

Zuletzt präsentierten sich die Freien Wähler auf Landesebene aber eher zerstritten.

Das ist vorbei. Ich habe jetzt eine ganz andere Landesebene erlebt.

Es wäre ein absolutes Novum, bisher haben es Freie Wähler noch nie in den Bundestag geschafft. Woher nehmen Sie Ihren Optimismus?

Erstens wird es bei der 20. Wahl doch mal Zeit dafür. Zum anderen bin ich ja nicht der Einzige. In Bayern steht Freie-Wähler-Minister Hubert Aiwanger an der Spitze der Landesliste. Auch in Brandenburg und anderen Bundesländern erstarken die Freien Wähler immer mehr. Zudem habe ich politische Erfahrung und mit der Entwicklung von Bannewitz im Landkreis ja auch etwas vorzuweisen. Weshalb sollte ich da nicht optimistisch sein?

Mit Klaus Brähmig gibt es schon einen Kandidaten, der als Unabhängiger für den Landkreis in den Bundestag will. Haben Sie den gleichen Ansatz?

Das könnte man so sehen. Herr Brähmig hat auch viel für die Region getan, unbestritten. Er ist seit einiger Zeit auch wieder aktiver. Bis zu seinem Parteiaustritt hatte er aber als CDU-Politiker die Verantwortung und ist vorbelastet.

Wen sehen Sie als größten Konkurrenten im Wahlkreis an?

Da muss schon die CDU genannt werden, auch wenn es immer nur abwertend heißt, dass sie die Frau des Innenministers aufgestellt haben. Die AfD muss das Mandat verteidigen, das der Partei vor vier Jahren deren Bundesvorsitzende, Frauke Petry, verschafft hat. Ich bin aber überzeugt, dass die Zeit vorbei ist, dass die AfD gewählt wird, egal welche Person dahinter steht. Das hat man erst kürzlich bei der Bürgermeisterwahl in Bad Gottleuba-Berggießhübel gesehen. Weil ja auch alle anderen Parteien mit ins Rennen gehen, dürften sich die Stimmen auf sehr viele Kandidaten verteilen.

Zur Kreistagswahl haben die Freien Wähler knapp 13 Prozent geholt. Das reicht noch nicht, oder?

Das glaube ich auch nicht. Mit knapp über 20 Prozent könnte man aber durchaus erfolgreich sein. Dafür muss ich noch einiges tun und das werde ich auch.

Werden Sie Ihren letzten Sommerurlaub als Bürgermeister dem Wahlkampf opfern?

Erholung brauche ich auch etwas. Ein Bürgermeisteramt erledigt man nicht nebenbei, das erfordert schon Kraft. Aber einiges an Freizeit werde ich schon dafür aufwenden. Es ist dabei selbstverständlich, dass ich nicht das Amtsblatt oder andere Ressourcen der Gemeinde für meine Kandidatur benutze, worauf natürlich genau geguckt werden wird. Das würde auch nicht viel bringen, weil die Wahl nicht in einer Gemeinde gewonnen wird.

Welche Themen wollen Sie im Bundestag setzen?

Ich möchte mich für Handwerk und Gewerbe einsetzen, für eine gute Bildung und Versorgung unserer Kinder und für den Sport. Wir in den Kommunen sind die Praktiker, die vor Ort politische Entscheidungen umsetzen müssen. Corona hat eindeutig gezeigt, dass diese Stimmen im Bundestag zu kurz kamen. Auch deshalb fällt der Bundesregierung jetzt ihre Bundesnotbremse auf die Füße. Ausbaden müssen wir das vor Ort. So kann das nicht bleiben.

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