Arbeiten am umstrittenen Kuhstall in Kleincarsdorf gehen weiter

Eine grüne Fläche, dazwischen zwei breite Streifen aufgerissener Boden, einige Markierungspflöcke - viel mehr deutete bisher nicht auf das umstrittenste Bauprojekt in der Region hin. Doch nun geht der Bau des neuen Kuhgartens in Kleincarsdorf weiter.
Wie Stephan Trutschler, Sprecher der Dresdner Vorgebirgs Agrar AG, mitteilte, rollen ab sofort die Bagger. Geplant ist in dem zur Gemeinde Kreischa gehörenden Ort eine Milchviehanlage für bis zu 630 Kühe und 148 Kälber.
Die Agrar AG bezeichnet das Projekt als "Kuhgarten" und verspricht einen modernen Stall. Es geht um ein lichtdurchflutetes Gebäude mit Grüninseln sowie computergestützter Melk-, Fütterungs- und Reinigungsanlagen. Ein Teil der Tiere hat Auslauf auf die Weide.
Die Kritiker, vor allem viele Einwohner Kleincarsdorfs, werfen den Landwirten hingegen vor, eine überdimensionierte Anlage neben das Dorf zu setzen. Sie befürchten Lärm- und Geruchsbelästigungen sowie Umweltschäden, beispielsweise zu hohe Nitratbelastung der Gewässer.
Umplanung wegen neuer Robotertechnik
Die Proteste, unter anderem eine beim Landratsamt eingereichte Petition, brachten nichts. Im Februar 2022 genehmigte die Behörde den Stall-Neubau. Anfang April war Baustart. Doch bis auf Planierarbeiten für die Zufahrtsstraße und einen Teil des Stalls ist noch nicht viel passiert.
Seitens der Agrar AG heiß es, man habe die Planung nochmals anpassen müssen. Es geht dabei um Robotertechnik, die im Stall und auf dem Gelände eingesetzt werden soll. "Während des sehr langen und aufwendigen Planungs- und Genehmigungsverfahrens ist mittlerweile die nächste Generation von Robotertechnik auf dem Markt gekommen. Die damit verbundenen technologischen Anpassungen haben wir noch in die Ausführungsplanungen eingearbeitet", erläutert Ingolf Schulze, Vorstandsvorsitzender der Dresdner Vorgebirgs Agrar AG.
Außerdem mussten noch notwendige statische Berechnungen durchgeführt werden. Schulze: "Dies ist jetzt weitestgehend abgeschlossen, sodass die Erdarbeiten beginnen können."
Zweieinhalb Jahre für einen Planentwurf
In Kleincarsdorf setzen die Kuhstall-Gegner nun alle Hoffnung auf das Bebauungsplanverfahren der Gemeinde. Parallel zum Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz beim Landratsamt hatte die Gemeinde nach Ratsbeschluss ein Bauleitverfahren eingeleitet. Das war Anfang 2020.
Doch es dauerte zweieinhalb Jahre, bis der Bürgermeister kürzlich einen Entwurf präsentierte. Dieser sieht einen deutlich kleineren Kuhgarten für maximal 630 Tiere vor. Im Gespräch ist sogar, diese Anzahl nochmals um mehr als 200 Tiere zu verringern und die Gebäudegrößen dementsprechend anzupassen.
Die Interessengemeinschaft Lebenswertes Kleincarsdorf bezeichnet den Planentwurf der Gemeinde als "oberflächlich und widersprüchlich". Sie setzen von daher eher auf das Klageverfahren, welches läuft.
Kreischa hat Klage eingereicht
Das Landratsamt Pirna hat dem Unternehmen Baurecht erteilt und das gemeindliche Einvernehmen per Bescheid ersetzt. Gegen den Bescheid hat die Gemeinde Widerspruch eingelegt. Denn mit der Entscheidung des Landratsamtes sei die kommunale Planungshoheit verletzt worden, argumentiert Kreischas Bürgermeister Frank Schöning.
Doch das Landratsamt hat den Widerspruch vom 31. Mai zurückgewiesen. Auch der Antrag der Gemeinde, dass dieser Widerspruch eine aufschiebende Wirkung haben soll, wurde zurückgewiesen. Dagegen hat Kreischa kürzlich Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht.
Angesichts der Untätigkeit auf der Baustelle glaubten viele Kleincarsdorfer schon an einen Baustopp seitens der Landwirte. Die wiederum lassen die Bagger nun rollen und können sich einen Seitenhieb auf die Kritiker nicht verkneifen: "Wir haben wegen der vielen Auflagen und der immer wieder geforderten zusätzlichen Gutachten sehr viel Zeit verloren. Wir wollen nicht noch mehr Zeit verplempern, auch in Hinblick auf die stetig steigenden Materialpreise und damit verbundenen Baukosten", sagt Sprecher Trutschler.
Insgesamt investiert das Unternehmen, das 60 Mitarbeiter hat, zwölf Millionen Euro in den Neubau.