Der Abriss der Lederfabrik und die Sanierung des Areals entwickeln sich für die Stadt Freital immer mehr zu einer finanziellen Belastung. Und zu einer zeitraubenden Angelegenheit. Eigentlich sollte das Fabrikgelände bis September/Oktober 2020 saniert sein, damit dann die Grünflächen des geplanten Mühlenparks angelegt werden können. Doch auf einem Teil des Grundstücks sind die Bagger immer noch nicht tätig gewesen.
Erdreich stark kontaminiert
Die Probleme begannen bereits im Frühjahr. Ende Februar beauftragte die Stadt die Unternehmen Frauenrath Recycling sowie Hoch und Tiefbau aus Großröhrsdorf mit der Freiflächensanierung. Beide Unternehmen bildeten die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Lederfabrik Freital und begannen im April 2020 mit den Arbeiten.
Im Kern ging es darum, den alten Boden auszuheben, zu entsorgen und unbelastetes Material einzubauen. Glück für die Stadt: Das Angebot der Arge lag gut 500.000 Euro unter der Baukostenschätzung.
Doch im Juni präsentierte die Bauleitung der Stadt mehrere Nachträge zum Preis von rund 230.000 Euro. Der Grund: Die Beräumung des Mühlgrabens gestaltete sich aufwendiger als erwartet. Noch schwerer wog, dass der zu entsorgende Boden deutlich höhere Schadstoffkonzentrationen enthielt, als zunächst angenommen. Teils lag dieser Aushub unter der Grundplatte der ehemaligen Fabrik, war also im Vorfeld so nicht feststellbar.
Der Aushub musste aus Sicherheitsgründen in wasserdichten Containern abtransportiert werden. Zudem kam dabei eine größere Menge zusammen, weil die Kontaminationen tiefer reichten, als vorausberechnet.
Im Oktober kam ein weiterer Nachtrag von vergleichsweise geringer Höhe hinzu. Etwa 8.000 Euro musste die Stadt zusätzlich berappen, weil Altholz so belastet war, dass es als gefährlicher Abfall deklariert und entsorgt werden musste.

Immer wieder Baustopp
Doch das alles war nur der Auftakt in Sachen Preissteigerung. Nun wird es erst richtig teuer. Die Arge hat mittlerweile einen fünften Nachtrag vorgelegt. Es geht um weitere 677.000 Euro.
"Während der Aushub- und unterirdischen Abbrucharbeiten wurden mehrfach viel höhere oder aber auch zunächst undefinierbare Kontaminationsgrade gesichtet beziehungsweise durch Geruch festgestellt. Daraus machten sich zusätzliche, teilweise im Umfang erhebliche Probenahmen, Labor-Analysen – teils auf Auftraggeberseite, teils auch auf Seiten des Baubetriebs und der Deponien – erforderlich", heißt es dazu aus dem Rathaus.
Es stoppten mehrmals die Arbeiten auf dem Fabrikgelände, weil Laborergebnisse und Entscheidungen in Behörden abgewartet werden mussten. Befeuert noch durch die Corona-Pandemie und daraus resultierender Personalengpässe dauerten Abstimmungen länger als gewöhnlich. Die Stadt spricht von einem "Stopp-and-go-Bauablauf". Das machte es nicht billiger.
Hotspot am Netto-Markt
Nun liegt ein sechster Nachtrag vor, der teuerste von allen. Es geht um eine Fläche von gut 500 Quadratmeter im östlichen Grundstücksbereich, also dort, wo das Fabrik-Gelände an den Netto-Markt grenzt.
In diesem Bereich hatten Messungen extrem hohe Verunreinigungen des Bodens ergeben. Die Stadt spricht von einem Hotspot. Gefunden wurde eine erhöhte Konzentration von Chrom und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen kurz PAK.
Das Bundesumweltamt schreibt dazu auf seiner Internetseite: "Für Mensch und Umweltorganismen sind PAK eine besorgniserregende Stoffgruppe. Viele PAK haben krebserregende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Eigenschaften. Einige PAK sind gleichzeitig persistent, bioakkumulierend und giftig (toxisch). Persistent heißt, dass die Stoffe sehr lange in der Umwelt verbleiben und dort kaum abgebaut werden." Auch das Grundwasser ist in diesem Bereich hochgradig belastet.

Neuer Mühlenpark wird erst im Herbst fertig
Seit Oktober wird an Plänen gearbeitet, wie man den Boden in diesem Hotspot entsorgt. Ein Konzept liegt nun vor. Der vergiftete Aushub muss in wasserdichten Containern abtransportiert und auf speziellen Deponien eingelagert werden. Weil die Kontaminationen bis in sechs Meter Tiefe reichen, muss das Grundwasser aufwendig gesenkt, gehalten und gereinigt werden. Das muss überwacht und dokumentiert werden. Zudem ist es erforderlich, die Grube so auszubauen, dass sie nicht zusammenstürzen kann. So entstehen letztendlich Kosten von zusätzlich 752.000 Euro.
Macht unterm Strich - alle bisherigen Nachträge zusammengerechnet - 1,67 Millionen Euro aus. Die Stadt hat bereits beim Land einen Nachschlag bei den Fördermitteln beantragt. Man hofft, vor Jahresfrist einen positiven Bescheid zu bekommen.
Der enorme Bauverzug lässt sich allerdings auch nicht mit Geld herausholen. An eine Eröffnung des Mühlenparks im Juli 2021, wie ursprünglich geplant, ist nicht mehr zu denken. Die Parkgestaltung kann jetzt wohl erst im Frühsommer starten. Aus dem Rathaus heißt es, man plane eine Fertigstellung Ende Oktober.
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