Jetzt gibt es kein Zurück mehr

Nein, man kann nicht alles vorher wissen. Einem alten Haus sieht man nicht jede seiner Schwächen von außen an, auch wenn klar ist, dass es welche hat. Jeder, der eine Immobilie kaufen will, prüft deshalb vorher, wie groß der Sanierungsaufwand ungefähr sein wird. Auch die Stadt Freital hat das getan, bevor sie die Ballsäle Coßmannsdorf gekauft hat. Und ja, auch mit vielen Fachleuten und Gutachten lässt sich nicht bis ins Letzte vorhersehen, was bei der Sanierung dann für Probleme auftreten, die das Unterfangen teurer machen.
Trotzdem: Manches der Mehrkosten wären keine, wenn sie von Anfang an in die Kalkulation einbezogen worden wären. Das jetzt mit Änderungen - oder sagen wir Nachbesserungen - im Nutzungskonzept zu begründen, ist eine schwache Nummer. Das Gebäude kann statisch mit einem feuchten Keller leben, klar, aber trocken lagern kann man da nichts und Haustechnik lässt sich mit Feuchtigkeit auch schwer vereinbaren.
Das hat man vorher gewusst, und deshalb so geplant, als bliebe der Keller von solcherlei Nutzung frei. Inzwischen heißt es aber: Geht so doch nicht. Wir müssen den Keller komplett sanieren. Dasselbe gilt für den Lärmschutz. Die Wohnbebauung ringsherum ist nicht gerade erst aus dem Boden geschossen. Dass da aus der Nutzung als Veranstaltungsgebäude Konflikte entstehen, die wiederum hohe Anforderungen an baulichen Lärmschutz verursachen, ist also überhaupt keine Überraschung.
Das komische Gefühl, behummst worden zu sein
Es drängt sich das Gefühl auf, dass Kauf und Sanierung der Ballsäle so knapp wie nur möglich geplant wurden. Zwar mit "ehrlichen Kosten", wie der OB es ausdrückt, aber eben auch mit dem Wissen, dass da noch eine ganze Menge hinterherkommt. Doch das hat man verdrängt, nicht wahrhaben wollen, um das Projekt nicht zu gefährden. Und jetzt, da mit der Sanierung begonnen wurde, gibt es kein Zurück mehr. Jetzt hat der Stadtrat - und damit wir alle als Steuerzahler - eigentlich keine andere Wahl mehr, als jedem Nachtrag zuzustimmen.
Ein Prozedere wie es auch aus anderen Städten bekannt ist. Ein Beispiel dafür ist der Dresdner Kulturpalast. Am Ende ist alles gut. Aber zu welchem Preis? Und damit sind nicht nur die Kosten in Euro, sondern auch der Ansehensverlust der Politiker gemeint. Ehrlich währt doch immer noch am längsten und hinterlässt beim Wähler nicht dieses komische Gefühl im Bauch, wieder einmal zumindest so ein bisschen behummst worden zu sein.