"Ich verstehe die Ungeduld der Menschen"

Ein Jahr Pandemie gipfelte neulich im Freitaler Stadtrat in einer heftigen Diskussion um ein Impfzentrum. Die CDU-Fraktion warf Oberbürgermeister Uwe Rumberg vor, zu wenig zu unternehmen. In einem gemeinsamen Antrag mit der Mitte-Links-Fraktion und den Bürgern für Freital forderten sie, dass Freitals Stadt-Chef sich für ein Impfzentrum einsetzen sowie die Impfaktion auch mit Geld und Personal unterstützen solle.
Rumberg wies die Kritik zurück und erklärte sich für nicht zuständig. Im Interview legt er nun noch einmal dar, was die Stadt schon alles unternommen habe und warum er vom Impfmanagement der sächsischen Landesregierung enttäuscht ist.
Herr Rumberg: Ein Jahr Pandemie liegt hinter uns. Wie geht es Ihnen persönlich?
Mit geht es persönlich gut, vor allem auch gesundheitlich. Was mir Sorgen macht, sind die Gesamtumstände der Situation. Ich hätte nie gedacht, dass eine Gesellschaft so zum Stillstand kommen kann. Und das ein Virus so viel Angst und Spaltung auslösen kann. Da wünscht man sich alte Zeiten zurück, als das Leben entspannter war und normal verlief.
Im Stadtrat gab es eine teils emotionale Diskussion um ein Impfzentrum in Freital. Warum geht das nicht so einfach?
Die Zuständigkeiten sind ganz klar geregelt, vom Bund über die Länder bis in die Landkreise. Da ist genau festgelegt, wer welche Aufgaben zu regeln hat. Als Kommune sind wir nicht zuständig und ich frage mich auch, wie das funktionieren soll. Wir haben im Rathaus keine Gesundheitsexperten sitzen, wir haben kein medizinisches Personal, wir haben keinen Impfstoff. Wenn neben all den fürs Impfen zuständigen Experten sich jetzt auch noch die Bürgermeister reinhängen, wird es auch nicht besser.
Es gab einen offenen Brief der Seniorenbeauftragten Heidrun Weigel, in dem sie die Nöte der Rentner mit dem Impfen schildert. Sie forderte die Stadt auf, sich mehr zu engagieren.
So ein Brief wundert mich nicht. Mir ist bewusst, welche Probleme und Sorgen die ältere Bevölkerung hat und welche Hoffnungen sie in den Impfstoff setzen. Aber das mit dem Finger auf die Stadt gezeigt wird, insbesondere auch durch Innenminister Roland Wöller, der unser Landtagsabgeordneter und als Mitglied der Staatsregierung für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zuständig ist, ist nicht besonders hilfreich. So einfach mal auf Zuruf was machen, funktioniert nicht. Im Übrigen habe ich in den vergangenen Wochen mit meinen Bürgermeisterkollegen, Vertretern vom Landratsamt und dem Deutschen Roten Kreuz zahlreiche Gespräche geführt, wie wir das Impfen unterstützen können.
Was hätten Sie sich denn gewünscht?
Ich hätte mich gefreut, wenn man seitens der sächsischen Landesregierung gesagt hätte: 'Wir haben hier ein Problem, wie können wir das gemeinsam lösen?' Stattdessen hat man eine Bürokratie mit einer Impfterminvergabe installiert, in der zunächst nur wenig funktionierte und alles ganz langsam voranging. Da kann ich absolut nachvollziehen, dass die Leute ungeduldig sind.
Was hätten Sie denn anders gemacht?
Wie bei der Grippeschutzimpfung hätte man alle Impfstellen und Ärzte mit ins Boot holen müssen. Jeder, der eine Spritze setzen darf, sollte impfen: in den Gesundheitsämtern, in den Krankenhäusern, bei niedergelassenen Ärzten. Meine große Hoffnung ist jetzt, dass bald die Hausärzte mit dem Impfen beginnen.
Was halten Sie von Impfgegnern?
Sich impfen zu lassen, ist eine freiwillige Entscheidung. Wer das möchte, soll es tun. Wer nicht, darf nicht ausgegrenzt werden.
In Freital gibt es seit Montag ein Corona-Testzentrum. Wie ist das so plötzlich entstanden?
Ich habe am Donnerstagmittag vom Landrat einen Anruf erhalten, dass in Sachsen ab Montag flächendeckend getestet werden soll und wir ein solches Testzentrum einrichten müssen. Wir haben dann Kontakt zum Deutschen Roten Kreuz aufgenommen, denn ich habe keine Chance gesehen, eigenes Personal dafür zur Verfügung zu stellen. Also haben wir Räume im Bahnhof Potschappel und Personal für die Registrierung zur Verfügung gestellt und das DRK das Personal für die Testung. Bis auf die Testkits, die wir kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen haben, geht die Stadt für die Kosten in Vorleistung.
Wie wurde die Möglichkeit des Testens angenommen?
Sehr gut. Wir haben am Montagmittag geöffnet und bis zum Abend haben schon 90 Menschen die Möglichkeiten einer Testung in Anspruch genommen. Es waren viele verschiedene Berufsgruppen mit dabei, die einen solchen Test dringend benötigten. Wir haben inzwischen die Taktzahl erhöht, so dass sich gegen Ende der Woche pro Tag 140 Personen testen lassen können.
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