Geht man im Tharandter Wald spazieren, dann sieht man immer mal wieder kahlgeschlagene Flächen. Ob Sturm oder Borkenkäfer - die Säge musste vielen Bäumen den letzten Stoß geben und auch der Klimawandel stellt die deutschen Wälder durch langanhaltende Dürren vor Herausforderungen. Forscherin Katharina Tiebel untersucht, wie der Wald zurückkehrt und in Zukunft aussehen wird.
Manchmal wird der Wissenschaftlerin Katharina Tiebel ganz bang, wenn sie Vorträge über den Klimawandel hört. "Wir wissen nicht, wo es hingeht." Damit meint sie den Wald und die vielen Probleme, die auf die Bäume zukommen werden.
Waldbrände, ausgezehrte Böden, Schädlinge, Dürren - alles Herausforderungen, mit denen Wald umgehen muss. Und mit ihm die Förster und Försterinnen. Die Forstwissenschaftlerin geht deshalb der Frage auf die Spur, was bereits getan wurde, um die Wälder an den Klimawandel anzupassen. "Jedes Bundesland hat seine eigene Strategie", erklärt Katharina Tiebel. Das Ziel sei zwar für alle dasselbe, doch viele Wege führen bekanntlich nach Rom.
Katharina Tiebel versucht diese Wege jetzt zusammenzuführen und zu vergleichen. "Eigentlich eine absolute Schreibtischarbeit", sagt die junge Wissenschaftlerin, die im Forst sonst was anderes gewohnt ist. In ihrer Doktorarbeit streifte sie durch die deutschen Mittelgebirgswälder und hat Samen gesucht. Zu tun hatte das mit dem Klimawandel nur am Rande.
Vogelbeere oder Birke - die ersten Entdecker des neuen Waldes
In ihrer Doktorarbeit hat sie die Frage begleitet, wie die Pioniere der Bäume die kahlgeschlagenen Flächen besiedeln. "Pionierbaumarten, das sind die Bäume, die als erstes eine Fläche wiederbewalden", erklärt sie. Diese nennen sich Birke, Esche, Erle oder Vogelbeere. Und die stehen im Fokus der Förster wie nie. In Sachsen allein wurden laut Sachsenforst über 56.000 Hektar Wald – und damit mehr als 10 Prozent der Gesamtwaldfläche – durch Sturm und Käfer geschädigt. Wie die Pioniere dorthin kommen, ist aber manchmal gar nicht so einfach, denn Bäumen sind ja bekanntlich die Füße gebunden.
Tharandter Wald konnte sich schnell erholen
Fakt ist: Wind und Vögel verbreiten die Samen, was aber wenn diese fehlen. So werde die Expeditionsreise der Pioniere in den reinen Fichtenwäldern problemtaisch, erklärt Katharina Tiebel. Sie hat den Tharandter Wald mit dem Thüringer Wald verglichen: Im Tharandter Wald konnten sich kahlgeschlagene Flächen schnell erholen, im Thüringer Wald dagegen musste man aktiv neu pflanzen.
Der Grund: In Tharandt wurden schon vor Jahrzehnten kleine Birken an den Waldwegen angepflanzt, um die Touristen anzulocken. "Da wurde das noch belächelt", sagt die Forscherin. Deren Birkensamen fanden jetzt aber schnell den Weg zu den Freiflächen. Im Gegensatz zum Thüringer Wald, der hauptsächlich aus Fichte bestehe. "Wo sollen denn da die Pioniere herkommen?", fragt Katharina Tiebel.
Warum der Mensch im Wald anpacken muss
Inzwischen sucht sie keine Samen mehr, sondern wühlt sich durch die Klimastrategiepapiere der Bundesländer. Doch wie reagieren die Förster auf den Klimawandel?
"Einige Bundesländer haben auf die gleichen Laubbaumarten, aber aus anderen Regionen gesetzt", sagt Katharina Tiebel. Die gepflanzten Rotbuchen kämen dann nicht mehr aus Mitteleuropa sondern aus Südeuropa.
Andere hingegen würden fremdländische Baumarten anpflanzen, wie die Roteiche oder die Esskastanie. Und wieder andere beharren auf die Vielfalt im Wald. "Wir arbeiten mit viel Unsicherheit", sagt Katharina Tiebel, die erst am Anfang des neuen Forschungsprojekts steht.
Doch eines hat sie schon in ihrem Forststudium gelernt. Der Wald schaffe es nicht von alleine. Die Bäume seien zu langsam, weil der Klimawandel zu schnell ist. Deshalb müsse der Mensch jetzt anpacken. "Wir beeinflussen jetzt aktiv, wie der Wald für unsere Nachfahren aussehen wird."
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