Kreis SOE: Für 9 Euro von Freital nach Warnemünde

Wahrscheinlich vom 1. Juni an bis Ende August sollen Fahrgäste bundesweit im öffentlichen Nahverkehr für 9 Euro pro Monat Busse und Bahnen nutzen können. Für drei Monate ÖPNV werden also nur 27 Euro fällig. Das 9-Euro-Ticket ist Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung und soll Bürgern finanziell unter die Arme greifen. Ob es dieses Ticket wirklich geben wird, ist allerdings noch nicht entschieden. Derzeit befinden sich die Bundesregierung und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen in Verhandlungen. Eine Entscheidung zum 9-Euro-Ticket soll es möglicherweise am 19. beziehungsweise 20. Mai geben.
Derweil bereiten sich die Verkehrsunternehmen in der Region auf die Einführung des Tickets vor. Wo soll es das Ticket geben? Wie verträgt es sich mit Nahverkehrs-Abos? Und kann ich mit dem Billig-Ticket auch Flixbus fahren? Sächsische.de hat den aktuellen Stand der Dinge zusammengetragen.
Wer kann das 9-Euro-Ticket bekommen?
Angedacht ist, dass das Ticket personenbezogen vergeben wird. Das bedeutet, ist eine Familie unterwegs, benötigt jedes Mitglied ein Ticket. Ausnahme: Kinder unter sechs Jahren. Sie fahren kostenlos.
Wo gilt das 9-Euro-Ticket?
Das 9-Euro-Ticket ist jeweils einen Kalendermonat, vom ersten (0 Uhr) bis zum letzten (24 Uhr) Tag des Kalendermonats, bundesweit gültig, erklärt Bahnsprecher Jörg Bönisch. Allerdings kann man damit nur in den Bussen des jeweiligen Regionalverkehrs und in den Zügen des Nah- und Regionalverkehrs fahren. In Großstädten wie Berlin und Dresden gehören auch S- und U-Bahnen dazu. In unserer Region wird das Ticket auf allen Linien im VVO gelten. "Ausgenommen ist natürlich die Fähre in Rathen, die nicht zum VVO gehört", sagt VVO-Sprecher Schlemper. Offen ist, ob man damit auch mit den besonderen Angeboten wie beispielsweise den Schmalspurbahnen, der Kirnitzschtalbahn und dem Aufzug in Bad Schandau fahren kann. "Dazu sind wir noch im Gespräch", so Schlemper.
Wo wird das 9-Euro-Ticket in der Region verkauft?
Das Ticket wird über allen Verkaufskanäle im VVO angeboten. Fahrgäste werden es sich bei den Busfahrern des Regionalverkehrs Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, aber auch an den Ticketautomaten auf Bahnhöfen und in den Servicezentren kaufen können. Voraussichtlich wird es auch in den Apps VVO mobil, DVB mobil und DB Navigator zu haben sein, sagt VVO-Sprecher Schlemper. Auch über die MRB-App "Tickets & Infos" der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB) wird es angeboten. "Der Verkaufsstart ist derzeit noch unklar", ergänzt Bahnsprecher Jörg Bönisch.
Kann ich ein Rad mit dem Ticket kostenfrei mitnehmen?
Wahrscheinlich nicht. Fahrräder können wie gehabt mitgenommen werden, aber nach derzeitigem Stand der Dinge ist dafür eine zusätzliche Fahrradkarte notwendig.
Kann ich mit dem 9-Euro-Ticket auch im Flixbus fahren?
Nein. Im Flixbus kann das Ticket nicht genutzt werden. Ähnlich ist es mit dem ICE, Intercity, EC und Flixtrain sowie anderen Fernbussen.
Wie weit kann ich mit dem Ticket fahren?
Wer geschickt plant, kann für wenig Geld weit kommen, muss aber mehrere Umstiege in Kauf nehmen. Von Freital-Deuben nach Warnemünde braucht man mit dem Regionalverkehr laut Auskunft der Bahn 7.16 Stunden. Dazu muss man dreimal umsteigen. Nach Berlin braucht man von Freital zwischen 3.44 bis 4 Stunden. Hier sind je Verbindung zwei bis drei Umstiege notwendig. Regulär würden beide Fahrten übrigens mit Sparangeboten etwas mehr als 40 Euro kosten.
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Von Pirna nach Garmisch-Partenkirchen fährt man mit dem Regionalverkehr 8.37 Stunden. Hier müsste man dreimal umsteigen. Von Pirna nach Westerland auf Sylt brauchen die Züge elf Stunden, sechs Umstiege wären notwendig. Die regulären Sparpreise für beide Verbindungen starten hier derzeit bei 42 Euro.
Wie geht es für Abo-Kunden weiter?
Wer ein Abo-, ein Jobticket-, ein Azubi- oder ein Bildungsticket besitzt, muss kein 9-Euro-Ticket kaufen. Denn diese Abo-Tickets werden automatisch 9-Euro-Tickets. "Abonnenten werden in den kommenden Wochen von ihrem Verkehrsunternehmen über das 9-Euro-Ticket und die Modalitäten einer möglichen Rückerstattung informiert. Sie müssen nichts weiter unternehmen", erklärt VVO-Sprecher Christian Schlemper.
Werden zusätzliche Busse und Bahnen fahren?
Bahn-Verbände und Gewerkschaften befürchten, dass der Ansturm die Kapazitäten der Verkehrsbetriebe sprengen könnte. Die Bahn-Gewerkschaft EVG etwa warnte vor einem Chaos im öffentlichen Nahverkehr bereits zu Pfingsten. "Ich rechne mit Räumungen überfüllter Züge und wegen Überlastung gesperrten Bahnhöfen", so der EVG-Vorsitzende Klaus Hommel. Kein Bahn-Unternehmen sei bislang ausreichend auf den zu erwartenden Andrang der Kunden vorbereitet. Es stünden derzeit nicht genug Fahrzeuge zur Verfügung. Zudem fehlen auch Mitarbeiter. Das bestätigt auch die Mitteldeutsche Regiobahn: "Aufgrund der Kurzfristigkeit der Aktion ist es nicht möglich, zusätzliche Bahnen einzusetzen. Die MRB wird jedoch alles dafür tun, im Rahmen ihrer Möglichkeiten und den vorhandenen Fahrzeugen so viele Sitzplätze wie möglich anzubieten", heißt es von der MRB-Pressestelle.
Auch beim VVO geht man von einer stärkeren Nachfrage aus. Deshalb beschäftigen sich die Verkehrsplaner mit zusätzlichen Angeboten. Dazu sei man im Gespräch, versichert VVO-Sprecher Schlemper. Zusätzliche Zugfahrten oder der Einsatz von mehr Wagen oder Triebfahrzeugen, die der VVO bei den Bahngesellschaften beauftragen müsste, sind mit höheren Kosten verbunden. Das Problem: Diese sind im Haushalt des VVO nicht eingeplant und werden durch den Bund auch nicht ausgeglichen.
Warum gibt es noch keine klare Regelung?
Knackpunkt ist die Finanzierung. Der Bund möchte den Ländern einmalig 2,5 Milliarden Euro für das 9-Euro-Ticket zahlen. Hinzu kommen weitere 1,2 Milliarden Euro für die generelle Finanzierung des Nahverkehrs. Die andere Hälfte sollen die Länder aus eigener Tasche zahlen. Die Länder hatten aber 1,6 Milliarden Euro gefordert. Sie begründen das mit höheren Ausgaben für Bau- und Personalkosten sowie Energiekosten infolge des Ukraine-Krieges.
Gibt es Kritik am 9-Euro-Ticket?
Ja. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat das Billig-Angebot grundsätzlich kritisiert. "Die Mittel für das 9-Euro-Ticket sind besser angelegt, wenn sie für zusätzliche Verbindungen mit Bahn und Bus und für eine bessere Taktung verwendet werden", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Redaktions-Netzwerk Deutschland (RND). "Insbesondere die nachhaltige Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im ländlichen Raum muss das Ziel der Bundesregierung sein."
Was halten VVO und Bahn von dem Ticket?
Beim VVO möchte man sich noch nicht dazu äußern: "Da dazu viele Faktoren zusammenkommen und solch ein Angebot erstmals gemacht wird, können wir dazu derzeit noch nichts sagen", so Sprecher Schlemper. Für die Deutsche Bahn ist das 9-Euro-Ticket hingegen "ein klares Signal, dass wir in Deutschland mutig die Mobilitätswende angehen, um einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Wir begrüßen es natürlich, wenn vermehrt Menschen Bahnen und Busse nutzen", sagt Bahnsprecher Jörg Bönisch. Ähnlich sieht man es bei der MRB: Das Ticket sei ein "guter Versuch der Politik, den ÖPNV einfacher und zugänglicher für die Fahrgäste zu machen". Die MRB begrüße die Initiative der Bundesregierung, die einen wichtigen Beitrag zur notwendigen Mobilitätswende leistet. "Wir hoffen, damit auch viele Neukunden von unserem Angebot in Sachsen überzeugen zu können."