Von Sven Geisler
Die Taschen geschultert, schreibt er den Kindern vor dem Stadion noch geduldig Autogramme. Olaf Janßen macht sich nicht heimlich aus dem Staub, es jagt ihn auch keiner vom Hof. Es ist eine erwartete Trennung, ein sauberer Schnitt nach dem Abstieg aus der 2. Fußball-Bundesliga. Nach 251 Tagen endet seine Amtszeit als Trainer von Dynamo Dresden. Seine Bilanz in nüchternen Zahlen: 28 Spiele, fünf Siege, 14 Unentschieden, neun Niederlagen; das macht 29 Punkte – dahinter stecken viele emotionale Momente.
Olaf Janßens Abschied von Dynamo
Der Wechsel auf der Position des Cheftrainers soll „ein wichtiges Signal für die neue Mannschaft, aber auch für den gesamten Verein“ sein, erklärt Ralf Minge. Der Sportdirektor hatte Janßen in einem persönlichen Gespräch bereits am Montagabend informiert, dass er kein Vertragsangebot für die 3. Liga bekommt. „Wir stehen vor einem Neustart, der mit großen Herausforderungen verbunden ist“, sagt Minge, und er fordert deshalb, „die Enttäuschung wegzustecken, die veränderte Situation anzunehmen und den Blick wieder nach vorn zu richten“. Die Suche nach einem neuen Trainer wolle er so schnell wie möglich abschließen, aber nicht überstürzen. „Diese Entscheidung muss vor allem im Hinblick auf die Zusammenstellung der neuen Mannschaft sitzen.“
Janßen packte nicht nur seine Taschen, sondern er nimmt „einen Container voller Erfahrungen“ mit, wie der 47-Jährige sagt. Die werde er verarbeiten und sich hinterfragen: „Was war gut, was war schlecht, was muss ich ändern? Was das im Einzelnen ist, mache ich mit mir selber aus“, erklärt Janßen. Er räumt aber ein, Fehler gemacht zu haben. „Es ist immer ein Tun im Jetzt. Fehler erkennt man, wenn man das reflektiert.“ Außer der ewig positiven Ansprache wird im Nachhinein Kritik an seiner Aufstellungsrotation laut. Er habe, so ein Vorwurf, die Spieler nicht nach gleichen Maßstäben bewertet. Während er einigen Aussetzer durchgehen ließ, die an Disziplinverstöße grenzten, flogen andere nach einem schwächeren Spiel aus der Startelf. Die Unzufriedenheit im Team war offenbar größer, als es bisher nach außen drang, wobei auch für eine Fußballmannschaft gilt: Es allen Leuten recht getan …
Auf keinen Fall sei es ein Fehler gewesen, betont Janßen, den Job als Assistent von Berti Vogts bei der aserbaidschanischen Nationalelf für Dynamo aufzugeben. „Das war genau die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Daran habe ich keine Sekunde gezweifelt, auch wenn das Ende extrem wehtut.“ Zum Abschied habe er „den Jungs“ mit auf den Weg gegeben: „Wenn man klaren Blickes und selbstkritisch ist, kann man aus den bittersten Stunden, den schwärzesten Momenten das meiste für das weitere Leben ziehen.“
Janßen fährt nicht sofort zu seiner Familie nach Köln, will sich in Dresden noch mit dem Funktionsteam treffen, das „teilweise bis zur Selbstaufgabe“ für das gemeinsame Ziel gearbeitet habe. Außerdem wolle er seinen Freund Uwe Neuhaus in Berlin besuchen, für den es bei Union nach sieben Jahren nicht weitergeht. Trifft sich Janßen womöglich mit seinem Nachfolger?
Ein Kandidat könnte Neuhaus allemal sein. Janßen selbst will die Enttäuschung „erst einmal sacken lassen, sich schütteln und neu ausrichten“. Er brauche zwar keine Auszeit, rechne aber nicht damit, dass andere Vereine Schlange stehen, um ihn zu verpflichten, meint Janßen gestern, bevor er kurz nach halb eins in sein Auto steigt. Ab 16. Juni soll ein neuer Trainer die Spieler auf die Drittliga-Saison vorbereiten.