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Frischekur für Augusts Erbe

Die Postmeilensäule wird derzeit saniert. Sie erhält nicht nur neue Farben. Auch historische Fehler werden jetzt korrigiert.

Von Jürgen Müller
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Eine ruhige Hand und ein sicheres Auge sind nötig, wenn Restauratorin Anita Pohland von der Meißner Spezialfirma Hain neue Farbe auf die alte Lommatzscher Postmeilensäule aufbringt. Sie ist übrigens nicht das Original von 1726, sondern ein Nachbau aus dem
Eine ruhige Hand und ein sicheres Auge sind nötig, wenn Restauratorin Anita Pohland von der Meißner Spezialfirma Hain neue Farbe auf die alte Lommatzscher Postmeilensäule aufbringt. Sie ist übrigens nicht das Original von 1726, sondern ein Nachbau aus dem © Claudia Hübschmann

Lommatzsch/Meißen. Auf dem Lommatzscher Marktplatz klafft seit einiger Zeit ein Loch. Dort, wo bisher die Postmeilensäule stand, gibt es nur noch das Fundament. Muss das historische Stück der neuen Marktplatzgestaltung weichen?

Nein, versichert Bürgermeisterin Anita Maaß (FDP). Die Säule sei zwar im Zusammenhang mit der Marktplatzgestaltung abgebaut worden. Sie werde aber danach wieder aufgestellt. „Wir haben die Gelegenheit genutzt und werden die Säule grundlegend sanieren lassen“, sagt sie.

Die Sanierung hat die Meißner Firma Steinrestaurierung Hain übernommen, eine seit Jahrzehnten mit der Sanierung von Postmeilensäulen beschäftigte Fachfirma. Dort ist gerade die Restauratorin Anita Pohland dabei, neue Farben auf den oberen Teil aufzutragen. „Insgesamt wird sechsmal mit Schellack untermalt, bevor das Blattgold aufgetragen wird. Alles, was jetzt Gelb ist, wird einmal mit 24-karätigem Blattgold überzogen“, sagt Altmeister Hans-Peter Hain. Eine ordentliche Untermalung ist wichtig, damit das Gold lange hält. Für die gesamte, in neun Teile zerlegte und dreieinhalb Tonnen schwere Lommatzscher Postmeilensäule sind 250 Blatt Gold notwendig.

Weil die Farben mit der Zeit von der Sonne ausgeblichen werden, müssen sie alle 20 Jahre erneuert werden. Diese Zeit ist in Lommatzsch schon um acht Jahre überschritten. Die Firma Hain bezieht die Spezialfarben, verbessert sie aber nach einem Geheimrezept. Während die Hersteller nur zwei Jahre Garantie geben, beträgt diese bei den Hains fünf Jahre.

Normalerweise können die Farben auch vor Ort erneuert werden, ein kompletter Abbau der Säule ist dafür nicht notwendig. Doch diese Postmeilensäule wird nicht nur farblich aufgefrischt, sondern saniert und korrigiert. Denn als sie 1989 neu gebaut wurde, schlichen sich einige Fehler ein, vor allem im Wappenstück, sagt Hans-Peter Hain. Diese würden jetzt gleich mit korrigiert. 

Und auch ein anderer Fehler wird ausgebügelt. Die Krone muss entsprechend der Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen in Richtung der Hauptverkehrsstraße ausgerichtet sein. Dies war bisher in Lommatzsch nicht der Fall. Deshalb wird jetzt das Fundament der Säule leicht gedreht. Wenn die Säule restauriert und aufgestellt ist, wird sie genau dem Original aus dem Jahre 1726 entsprechen“, versichert der Restaurator.

Dieses Original ist nicht mehr vorhanden, es lagern nur noch Rudimente im Lommatzscher Heimatmuseum. Die originale Säule wurde vermutlich im Zweiten Weltkrieg zerstört. So jedenfalls ist es auf der Homepage von Lommatzsch zu lesen. Laut Hans-Peter Hain kam die Säule aber schon viel eher weg. „Solche Postmeilensäulen sind ein Denkmal der Verkehrsgeschichte. Unsere Aufgabe ist es, das zu bewahren, was uns unsere Vorfahren übergeben haben“, sagt der 68-Jährige. Er arbeitet noch immer in der Werkstatt, obwohl sein Sohn Andreas mittlerweile die kleine Firma mit fünf Leuten übernommen hat.

Hans-Peter Hain ist nicht nur ein erfahrener Restaurator, sondern kennt sich in historischen Dingen bestens aus. Postmeilensäulen ließ einst August der Starke errichten, erzählt er. „Er hatte in Italien Obelisken gesehen, die Kriegsbeute waren. Daher kam er auf die Idee, derartige Säulen auch in Sachsen aufzustellen. Sie sollten Zeichen höchster Würde und höchster Macht sein“, so Hain, aber auch Orientierung bieten. Lommatzsch war damals ein Knotenpunkt des Handels.

Postmeilensäulen gerieten später in Vergessenheit, verfielen, wurden abgebaut und durch Meilensteine ersetzt. „Sie haben nur überlebt, wenn sich jemand um sie gekümmert hat“, sagt der Restaurator.

Wann die Säule wieder aufgestellt wird, steht noch nicht endgültig fest. Sicher ist, dass dies erst passieren wird, wenn die Sanierungs- und Umbauarbeiten auf dem Markt abgeschlossen sind. Das könnte im Spätsommer oder Herbst nächsten Jahres sein.