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Frischer Wind bei den RHG-Baumärkten

RHG-Chef Andreas Bascha will, dass die Baumarkt-Genossenschaft moderner und effizienter wird. Der Start ist gemacht.

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© Daniel Schäfer

Von Franz Werfel

Pirna. Das Foto für diesen Text solle unbedingt an der Beton-Tankstelle entstehen. Da sind sich Andreas Bascha, seit einem Dreivierteljahr Vorstand der Raiffeisen Handelsgenossenschaft Dresden (RHG), und Vertriebsleiter Peer Weichelt einig. „Das ist etwas, was uns von vielen anderen Baumärkten unterscheidet. Wir bieten neben unseren 35 000 Bauprodukten auch noch einen umfassenden, professionellen Service für Privatkunden an“, sagt Bascha. Und gerade die Frischbeton-Tankstelle ist für private Bauherren ein willkommenes Angebot.

Insgesamt ist RHG mit seinem großen Sortiment breit aufgestellt – von Steinen, Hölzern, Fenstern, bis hin zu Tierfutter, Weidezäunen und Schlachtbedarf gibt es hier fast alles. Fünf Filialen hat die Baumarkt-Genossenschaft mittlerweile, kürzlich kam das Baustoffcenter Stolpen dazu. Gleich zwei Filialen stehen in Pirna, eine in Rathmannsdorf und eine in Dresden. Die RHG ist Mitglied der Eurobaustoff Handelsgenossenschaft. Über die Gruppe läuft auch der Einkauf der meisten Baustoffe, die die Märkte über ein Zentrallager in Halle an der Saale beziehen. Mit ihren 70 Mitarbeitern hat die Genossenschaft im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 18 Millionen Euro erwirtschaftet. In diesem Jahr sollen es 20 Millionen werden.

Andreas Bascha, gebürtiger Mecklenburger, kam einst als Monteur nach Sachsen. Seit vielen Jahren schon wohnt der 49-Jährige mit seiner Frau und den drei Kindern in Neukirch zwischen Bautzen und Neustadt. Hier engagiert sich der studierte Ingenieur und Unternehmer auch im Gemeinderat – in der Wählervereinigung „Neukirch braucht Zukunft“. Er saniert Häuser und hat neben seinem Job als RHG-Chef auch noch andere Firmen. Mit einem Start-up will er eine Solar-Luxusjacht bauen und so die Branche revolutionieren. Was hat ihn, der bisher Unternehmer in der Auto-Zulieferbranche war, im Handel aber nie gearbeitet hat, an dieser Aufgabe gereizt?

3-D-Drucker auf dem Bau

„Ich bin überzeugt davon, dass der regionale, stationäre Handel vor Ort künftig noch wichtiger sein wird“, sagt Bascha. Genossenschaften galten lange als verstaubt, sagt er. Dabei sei die Idee, in einer Gemeinschaft wirtschaftliche Risiken zu verteilen und gemeinsam schlagfertig zu agieren, eigentlich doch recht modern. Bildhaft ausgedrückt, hält der Händler einen Edelstein in der Hand. Und dieser Edelstein, die kompetente, umfassende Beratung, sollte weiter geschliffen werden. „Wir fahren auch zu unseren Kunden auf die Baustelle, messen Fenstergrößen selbst aus oder vermitteln zu externen Handwerkern, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben.“ Das Netzwerk mache es möglich, trotz der heutigen Engpässe doch noch Handwerker zu finden. Gute Ergebnisse und Glaubwürdigkeit seien im Handel die wertvollsten Güter. Es sei aber auch klar, dass die RHG im Online-Geschäft zulegen müsse. Deshalb werde der neue Internetauftritt unter www.rhg.de aufpoliert. Kunden können Material online bestellen und in den Markt ihrer Wahl liefern lassen. Das soll innerhalb von 24 Stunden klappen. Dann sei man schneller als Versandhändler, bei denen der Postweg dazukomme.

Dass es mit dem Online-Geschäft dringend vorangehen muss, war Bascha schnell klar. „In meinen ersten 100 Tagen bei der RHG habe ich alle Prozesse unter die Lupe genommen“, sagt Bascha. „Was mir zuerst auffiel: Wir haben hier richtig gute Leute, ein super Team, von der Verwaltung über den Verkaufsberater bis zum Logistiker.“

Was aber ebenso auffiel: „In vielen Bereichen gab es noch viel Luft nach oben.“ So zum Beispiel bei den vielen relativ teuren Lkw-Transporten zu den einzelnen Filialen. Also wurde das Logistik-Konzept kurzerhand umgestrippt. Jetzt werden die Märkte nicht mehr regelmäßig, sondern nur noch nach Bedarf angefahren. Schnell hat sich der -Ausstoß um ein Viertel verringert, die Kosten natürlich auch.

Sorge bereitet Andreas Bascha und Peer Weichelt der umkämpfte Markt. Zwar sei die „Geiz ist geil“-Mentalität bei den Endkunden vorbei, es gebe ein neues Bewusstsein für Qualität. Auf die Baustoff-Händler wirke der Druck im Preiskampf aber von gleich zwei Seiten. Einerseits erhöht die Industrie die Preise für ihre Produkte. Andererseits verbauen die Firmen derzeit so viel Material wie lange nicht – und schauen ganz genau, wo sie mit welchen Rabatten die besten Ergebnisse erzielen. „Die Zeiten, in denen wir aufgrund unserer Lage einen Standortvorteil hatten und hiesige Firmen in jedem Fall bei uns gekauft haben, sind vorbei“, sagt Peer Weichelt. Umso wichtiger sei es, mit umfassendem Service zu punkten. „Wir schulen unsere Mitarbeiter so, dass wir die Bauunternehmer jederzeit richtig gut beraten können.“ Es gebe immer mehr neue Baustoffe in immer komplizierteren Zusammensetzungen. In Weiterbildungen investiert die RHG jedes Jahr einen höheren fünfstelligen Betrag.

Der Bauboom, davon sind beide überzeugt, werde noch eine Zeit lang anhalten. Die Frage sei nur: Wie lange genau? „Selbst wenn der Privatsektor nachlässt, hat die öffentliche Hand noch viel zu tun“, sagt Weichelt mit Blick auf den Investitionsstau bei Brücken, Straßen, Schulen. Und auch beim Hochwasserschutz sei noch einiges zu erledigen.

Klar ist Andreas Bascha und Peer Weichelt, dass sich auch die Baubranche demnächst grundlegend verändern wird. Das schaffe Potenzial für neues Wachstum. „Das Thema ökologisches Bauen beschäftigt uns alle“, sagt Bascha. Und dann müsse man schauen, wie der Handel auf neue Technologien wie 3-D-Drucker im Baugewerbe reagieren könne. Erste Versuche für die passgenaue Herstellung von Betonplatten direkt an der Baustelle gebe es bereits.