Von Jens Fritzsche
Bautzen. Nun gut, ich könnte jetzt auch einfach das gefüllte Kilo-Körbchen am Verkaufsstand nehmen. Fünf Euro, und ich hätte frische Erdbeeren vom Feld gleich neben der Dresdener Straße in Stiebitz, kurz vorm Bautzener Ortseingang. „Aber selbst gepflückt, ist selbst gepflückt“, sagt eine freundliche ältere Dame, die offenbar meine Gedanken errät. Schnurstracks geht sie mit einem durchsichtigen Plasteeimer in die geradlinigen, grünen Reihen, in denen die roten Früchte als leckere Tupfer locken. Also gut, selbst pflücken. Dann gibt’s das Kilo außerdem für nur noch 3,50 Euro …
Keine Chance auf ein Versteck
Zum Glück ist es heute nicht ganz so heiß. Sogar richtig angenehm. Und dieser herrliche Blick hinüber auf die Lausitzer Berge … Aber eigentlich sollte mein Blick doch lieber nach unten gehen – zu den Erdbeeren, die sich unter den großen grünen Blättern ein bisschen zu verstecken scheinen. Ohne Chance, dafür sind die Früchte viel zu groß. Perfekt, da kommt das Kilo schneller zusammen … Denn ein bisschen anstrengend ist es schon, den Rücken so gebeugt. „Es ist besser, sich hinzuhocken, ist leichter“, ruft mir die freundliche Dame von vorhin zu. „Sonst wird Ihnen noch schwindelig, so nach unten mit dem Kopf“, schiebt sie gleich noch einen gut gemeinten Rat über die drei zwischen uns liegenden Furchen. Sie kommt regelmäßig her, sie kennt sich aus.
Und überhaupt gibt es längst eine Menge Stammkunden, freut sich Brigitte Mertens, eine der Verkäuferinnen vom Bauern- und Gemüsehof Domanja im Wittichenauer Ortsteil Hoske. Das Unternehmen betreibt das Erdbeerfeld. „Viele kommen mehrmals die Woche, aber meist gleich früh um sieben, wenn ich öffne“, erzählt sie. „Manche kommen aber auch, um nur einzukaufen“, verrät sie dann schmunzelnd. Übrigens nicht nur Erdbeeren. Denn der Hofladen des Unternehmens hat noch eine Menge mehr zu bieten, eine große Auswahl davon liegt dann jeden Morgen frisch auch hier am Stand. Spargel zum Beispiel, auch den bauen die Domanjas an. Früh um vier gehen die Spargelstecher aufs Feld, drei Stunden später liegen die butterfarbenen Stangen am Verkaufswagen von Brigitte Mertens. „Aktuell sind allerdings unsere großen Tomaten der Renner.“ Und überhaupt lieben es die Kunden, zu wissen, woher ihr Gemüse stammt. Bio gleich aus der Nachbarschaft sozusagen, sagt sie.
Naschen gehört dazu
Hier gibt’s die süßen Früchtchen
Ist das nun eigentlich schon ein Kilo? Gut möglich. Und natürlich habe ich auch schon die eine oder andere Erdbeere probiert. Qualitätskontrolle sozusagen. Und die haben die prallen, dunkelroten Früchte in jedem Fall mit sehr gut bestanden. Auch beim Chef selbst. „Wir sind in diesem Jahr wirklich mehr als zufrieden mit den Erdbeeren, auf diesem Feld passt diesmal wirklich alles“, kommt Matthias Domanja regelrecht ins Schwärmen. Insgesamt acht verschiedene Sorten hat er hier pflanzen lassen, frühe und späte. „Damit die Saison möglichst lange ausgekostet werden kann“, benutzt er schmunzelnd ein Wortspiel. Zu den frühen Sorten gehört Darselect, zu den späteren – die jetzt reifen – Florence. „Alle schön fest, trotzdem sehr saftig und süß“, beschreibt der Fachmann. „Aber nicht zu süß, eben genau richtig.“ Seine Einschätzung teilt Matthias Domanja dabei übrigens auch mit den zahlreichen Kindern, die hier am Wochenende mit ihren Eltern oder Großeltern zum Pflücken kommen. „Da landen natürlich nur die wenigsten Erdbeeren im Körbchen, sondern vielmehr in den Mündern“, sagt Brigitte Mertens mit einem von Herzen kommenden Lachen. Viele Familien verbinden gleich den Wochenendspaziergang mit einem Besuch auf dem Feld, hat sie beobachtet.
Aber es gibt auch am Wochenende die echten Frühaufsteher, die kurz nach Sieben ihre Runden durch die Furchen ziehen. Bis mindestens Ende Juni bleibt dazu noch die Chance. Kann übrigens gut sein, dass ich auch noch mal vorbeischaue. Muss ja nicht unbedingt gleich um Sieben sein …