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Früher war mehr Hut

Einige wenige einfallsreiche Exemplare mussten die Ehre des 19. Hutballs im Parkhotel retten.

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Von Nadja Laske

Was haben Hüte und Bälle gemeinsam? Man kann ihnen hinterherlaufen. Die Juroren des Hutballs mussten auf Trab sein, um Freitagnacht in den Weiten und Tiefen des Parkhotels preiswürdige Exemplare zu finden. Die sollten wie jedes Jahr ganz außerordentlich ausgefallen sein und zur Siegerehrung das Lob vor allen anderen verdienen.

Ihre „Behütete Welt“ haben Gesine Petereit und Martin Semsch aus einem alten Globus gefertigt – mit Hilfe einer sehr friedfertigen Klebepistole. Fotos: Eric Münch (8)
Ihre „Behütete Welt“ haben Gesine Petereit und Martin Semsch aus einem alten Globus gefertigt – mit Hilfe einer sehr friedfertigen Klebepistole. Fotos: Eric Münch (8)
Als echte Kostümfetischisten hat das Friseur-Paar Elke und Thomas Ressel keine Feder gescheut. Ihren imposanten Kopfputz haben sie in Berlin gekauft.
Als echte Kostümfetischisten hat das Friseur-Paar Elke und Thomas Ressel keine Feder gescheut. Ihren imposanten Kopfputz haben sie in Berlin gekauft.
Aus Hamburg und Lübeck waren Rune Becker und Eike Zimmermann nach Dresden gekommen, weil es sich hier viel lustiger feiern lasse als im Norden, sagten sie.
Aus Hamburg und Lübeck waren Rune Becker und Eike Zimmermann nach Dresden gekommen, weil es sich hier viel lustiger feiern lasse als im Norden, sagten sie.
Ein schöner Vorgeschmack auf das Jubiläum 2015: Sybille und Uwe Platzbecker krönten den Hutball mit ihren weit gereisten Kreationen aus New Orleans.
Ein schöner Vorgeschmack auf das Jubiläum 2015: Sybille und Uwe Platzbecker krönten den Hutball mit ihren weit gereisten Kreationen aus New Orleans.
Als Sonne, Mond und Sterne erleuchteten Michael Teichert, Jens Carl und Andreas Miersch (v.l.) die Hutballnacht und wurden dafür mit den zweiten Platz ausgezeichnet.
Als Sonne, Mond und Sterne erleuchteten Michael Teichert, Jens Carl und Andreas Miersch (v.l.) die Hutballnacht und wurden dafür mit den zweiten Platz ausgezeichnet.
Den Kopf voller Gesellschaftskritik hatten Evelyn und Dirk Röber. Ihre Tochter baute die drittplazierten Hüte – ein Hinweis auf das lustige Leben hier und das Leid andernorts.
Den Kopf voller Gesellschaftskritik hatten Evelyn und Dirk Röber. Ihre Tochter baute die drittplazierten Hüte – ein Hinweis auf das lustige Leben hier und das Leid andernorts.
Liebe geht zu Häupten von Carola und Tilo Steinborn durch den Magen – ein Beitrag zum Umweltschutz.
Liebe geht zu Häupten von Carola und Tilo Steinborn durch den Magen – ein Beitrag zum Umweltschutz.

Doch früher war mehr Hut. Nicht in der Summe – 99,9 Prozent der Gäste trugen dem Dresscode entsprechend eine Kopfbedeckung. Also gab es ehemals kaum mehr Putz, nur der Putz war mehr. Mehr Einfallsreichtum, mehr Mut, mehr Fleiß, mehr Gewese um die Kopflast. Statt sich wirklich eine Rübe zu machen, griffen zu viele Gäste gedankenarm nach Strohhüten aller Ernten, nach Panama- und Cowboyhüten. Eine Schleife im Haar ist kein Hut, liebe Damen, mochte man bemängeln, und ein Basecap verdient den Namen ebenso wenig.

Früher war auch mehr Ball. Vor Jahren unterschied sich die Aufmachung der Gäste, die freitags den Hutball besuchten, noch deutlich von denen, die Karten für die Party tags darauf ergattert hatten. Hier dominierten die langen Kleider, dort die kurzen. Hier edelschräg, dort schrill und cool. Inzwischen greift der Fasching um sich. Was der Stimmung keinen Abbruch tut. Nur irgendwie ein wenig wehmütig macht.

Kronen zum Jubiläum

Getanzt, gefeiert, getrunken und gelacht wurde wie alle Jahre wieder im Saal, den Salons, Bars und in der Unterwelt des Kellers. In der Kakadu-Bar entzückten die zauberhaften Damen namens „Silverettes“ mit Rock’n’Roll und Rockabilly. Im großen Saal schob sich das Publikum geduldig dicht gedrängt zu den Melodien des Salon Orchesters Berlin übers Parkett. Die elfköpfigen (!) „Angel Maria Torres y sus ultimos Mambolleros“ aus der Schweiz lösten sie zu späterer Stunde ab. Alf Mahlo führte wenig zimperlich durch den Abend und als Spender des ersten Hutballpreises den Radeberger Brauerei-Chef Axel Frech vor die gespannte Menge. Die zog den Hut vor dessen Rede im tiefsten Dialekt: Ei, wie der Axel bayern kann! So hat man den eher zurückhaltenden Geschäftsführer selten erlebt. Spätestens damit war die plötzliche Stille vergessen, die sich kurz zuvor wegen eines technischen Problems über alle Räume gelegt hatte. Etwas verspätet verkündete Moderator Mahlo deshalb die am besten behüteten Sieger. Es gab sie doch, auch wenn die Qual der Wahl kleiner war als der Jury lieb. Nächstes Jahr feiern die Gäste den 20. Hutball – eine Vorbereitungszeit von 365 Tagen sollte doch genügen, um der beliebtesten Veranstaltung der Stadt möglichst viele Kronen aufzusetzen.