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Früher war später Weihnachten

Auch in Radeberg stapeln sich schon die Pfefferkuchen und Stollen in den Läden. Aber ist das wirklich schlimm?

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© Thorsten Eckert

Jens Fritzsche

Radeberg. Seit der Wende ist irgendwie früher Weihnachten. Zumindest in den Geschäften. Nun gut, vor der Wende – könnten jetzt einige mit viel Sarkasmus in der Stimme entgegnen – war‘s ja sowieso schwierig mit Süßigkeiten in den ostdeutschen Läden.

Die ersten Stollen samt schmuckem Stollenmesser liegen auch in der Bäckerei Röthig am Markt parat.
Die ersten Stollen samt schmuckem Stollenmesser liegen auch in der Bäckerei Röthig am Markt parat. © Thorsten Eckert
Wer einen modernen LED-Schwibbogen sucht, bekommt ihn in Birgit‘s Lottoshop an der Oberstraße.
Wer einen modernen LED-Schwibbogen sucht, bekommt ihn in Birgit‘s Lottoshop an der Oberstraße. © Thorsten Eckert

Aber sei‘s drum – auch in Radeberg türmen sich nun schon wieder seit Wochen Schokoweihnachtsmänner, Weihnachtskalender und Pfefferkuchen in den Supermarkt-Regalen; und auch die ersten Christstollen liegen schon bei den Bäckern und in den Discountern.

Zu früh? Mittlerweile nehmen es viele von uns gelassen. Oder sehen es praktisch: Ob die schokoladigen Weihnachts-Süßigkeiten nun in den Geschäften liegen oder im heimischen Schrank auf die kalorienreichen Feiertage warten, macht letztlich keinen Unterschied. Und zu Hause hat man sie zumindest schon mal sicher, bevor in den Geschäften kurz vor Weihnachten in den Regalen schon Platz gemacht werden muss – für die Osterhasen.

Außerdem hat das Ganze auch noch einen anderen Vorteil: Wir können uns rechtzeitig um die Weihnachtsgeschenke kümmern. Wer nach und nach – und eben nicht auf den sprichwörtlichen letzten Pfiff – die Geschenke packt, hat letztlich vielleicht mal wirklich eine heimelige Vorweihnachtszeit. Eine, in der man sich mal so richtig Zeit für die Familie oder die Besuche auf den zahlreichen Weihnachtsmärkten nehmen kann. So gesehen kommt der verkaufsoffene Sonntag an diesem Wochenende in Radeberg auch ganz recht. Auch wenn der noch im Zeichen des Herbstes steht und nicht als Weihnachtseinkaufssonntag deklariert ist. Der folgt dann am Weihnachtsmarkt-Wochenende Mitte Dezember.

In Dresden übrigens wird es ja in diesem Jahr keine Einkaufssonntage im Dezember geben. Vielleicht haben sich die Entscheider im dortigen Stadtrat ja auch vom Anblick der jetzt schon weihnachtlich prall gefüllten Regale in den Geschäften gedacht, dass es letztlich im Dezember gar nicht mehr nötig ist, Läden zusätzlich zu öffnen. Es könnte ja am Ende schon alles weggekauft sein. Nun ja, es ist der seit Jahren tobende Streit um die Frage: Ist es gut, Verkäuferinnen aus ihren Familien „zu reißen“ und an den Adventsonntagen arbeiten zu lassen? Wobei – halten dann ja eine Menge Leute nicht ohne Grund entgegen – ja auch die Krankenhäuser, Radiosender, Taxifahrer und Busfahrer an den Dezembersonntagen ebenfalls mal die Arbeit ruhen sollten.

Am Ende lohnt es wahrscheinlich nicht, sich länger an dieser Debatte abzuarbeiten. Jeder kann – muss aber nicht – jetzt schon den Supermarkt-Einkaufswagen mit Weihnachten vollstapeln. Oder man kann auch auf die Weihnachtsschnäppchen im Dezember warten, um sich an der dann tobenden Geschenke-Einkaufs-Schlacht zu beteiligen.

Weihnachten ist ja sowieso nicht nur ein Datum. Oder ein Einschnitt im Konto. Sondern für viele – auch für Nichtchristen – vor allem ein Gefühl. Ein Gefühl, das mit Familie zu tun hat. Mit Herzlichkeit, mit Hilfsbereitschaft, mit Gemütlichkeit. Und dafür ist es letztlich auch vollkommen egal, ob schon seit Oktober Schoko-Weihnachtsmänner aus den Supermarkt-Regalen blinzeln – oder der Stollen aus dem Discounter schon seit Wochen in der Plastefolie vor sich hintrocknet.