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Frühstück mit Kater

In Leipzig hat der Katzentempel eröffnet – ein Café mit Streichel-Einheit.

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© Peter Endig

Von Sven Heitkamp, Leipzig

Als der neue Kühlschrank anrollt, gibt Artemis Gas. Rast auf die Wand zu, flitzt die Holzstufen hoch und guckt empört von oben herab. Wanda blinzelt neugierig aus ihrem kleinen grünen Zelt, nur Luna liegt tiefenentspannt im Nest. Sie lässt der Kurierfahrer mit der mannshohen Fracht scheinbar kalt. Willkommen im „Café Katzentempel“, das vor wenigen Tagen unweit der Leipziger Innenstadt eröffnet hat. Es ist das erste Café seiner Art im Osten, Plaudern und Streicheln gehören hier zum Konzept wie Kaffee und Kuchen: Wer auf den langen Holzbänken im Fenster sitzt, darf sich nicht wundern, wenn ihn unvermittelt eine Samtpfote anstupst oder ein weißes Knäuel auf den Schoß hüpft.

Sechs junge Katzen wohnen im Kaffeetempel am Johannisplatz und fühlen sich sichtlich wohl in ihrem neuen Zuhause. Überall gibt es für sie Spielzeuge und Verstecke, Kletterhilfen, Kratzbäume und Kuschelecken. In einem Nebenzimmer haben sie ihre Katzenklos und Futternäpfe. Nur die Küche und der Kaffeetresen sind für die Tiere tabu: Sie wurden in enger Absprache mit den Hygienebehörden durch zusätzliche Wände und Scheiben abgetrennt. Auf der rein vegetarischen Speisekarte stehen „Katerfrühstück“ und „Tempelsandwich“ mit Seitan, es gibt Tofuwürfel, Chiasamen-Burger, dazu günstige Kaffeekränzchen für Studenten, selbst gebackene Kuchen und Dinkelbrot.

Die jungen Betreiber des Cafés, Anne Rüter und Robin Gebauer, haben die rumänischen Geschwister Wanda und Pedro aus einem Delitzscher Tierheim geholt. Artemis, Luna, Bailey und Davidoff stammen von der privaten bayrischen Initiative Notfall-Rassekatzen: Sie vermittelt Tiere etwa aus Zuchtauflösungen oder von Bauernhöfen an neue Besitzer. In den ersten Wochen das hat junge Pärchen ihre Tempelkatzen zu sich nach Hause geholt. Danach haben sie die Streichel-Einheit zwei Wochen lang Tag und Nacht im Café eingewöhnt. Alle Vierbeiner sind geimpft, entwurmt und kastriert. „Unsere Katzen kommen bei uns an erster Stelle“, sagt Robin Gebauer. „Aber die Gäste dürfen mit ihnen spielen, was das Zeug hält.“ Nur Füttern und Hochheben, am Schwanz ziehen und Fotos mit Blitz sind verboten.

Gastronomen waren die beiden Gründer bisher allerdings nicht: Anne Rüter (25) aus Gera ist gelernte Ergotherapeutin und hat früher in einem Eiscafé gejobbt, Robin Gebauer (30) aus Elsterberg bei Greiz ist studierter Betriebswirt und hat zuletzt bei einer Autovermietung gearbeitet. Im Februar saßen sie eher zufällig im „Katzentempel“ in Nürnberg und entdeckten, dass sie für das Konzept eine Lizenz bekommen können. Eine Woche später sprachen sie mit den Erfindern in München, wo das erste Café vor fünf Jahren entstand. Ein halbes Jahr später erfüllten sie sich ihren Traum und eröffneten den Ableger in Leipzig – mit tatkräftiger Unterstützung der Pioniere aus München. Seither wird der Katzentempel täglich von 11 bis 20 Uhr gut besucht, Fans bringen extra Futterspenden vorbei, und das Gründerduo arbeitet bereits die ersten fünf Angestellten ein. „Das Feedback ist der Wahnsinn“, sagt Gebauer.

Bei der Suche nach dem passenden Lokal hatte ihnen überraschend eine Immobilienfachfrau, die Katzen liebt, die freistehende Gastronomie angeboten. „Die Frau“, sagt Gebauer, „hat bei uns lebenslang den Kaffee frei.“ Die tierische Gastro-Idee funktioniert offenbar so gut, dass sie bereits Nachahmer findet: Inzwischen wird in Leipzig noch ein anderes Katzencafé vorbereitet. Arbeitstitel: „Cattention“.