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Für den Sohn sind sie Bruder und Schwester

Eine Koseler Familie hat zwei Pflegekinder in ihrem Haus. Als Babys dazugekommen will sie keiner mehr missen.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Landkreis. Kinder sind das Schönste an einer Familie. Darüber sind sich Lilian und Frank Lorenz einig. Dabei müssen es nicht immer nur die eigenen sein, auch zunächst fremde Kinder zählen dazu. Denn Lorenz’ sind eine von insgesamt rund 280 Pflegefamilien im Landkreis, die sich bereit erklären, für Kinder anderer Leute zu sorgen – und das für eine lange Zeit. Lilian Lorenz kann sechs Kinder vorweisen: Drei aus erster Ehe, die mit ihren 31, 29 und 22 Jahren inzwischen einen eigenen Hausstand führen. In ihrer zweiten Ehe mit Frank kam Fabian dazu. Er ist jetzt zehn Jahre jung. An seiner Seite hat er zwei Geschwister: Lena und Jonas. Auch wenn sie nicht die gleiche elterliche Herkunft haben wie er, sie sind trotzdem Schwester und Bruder für ihn, erzählt er. Und das schon einige Jahre.

„Das Ganze ist eigentlich aus einem Traum entsprungen. Ich träumte, Kinder aufzunehmen“, erzählt Lilian Lorenz. Diese Eingebung über Nacht ließ sie nicht mehr los, schließlich sprach sie mit ihrem Mann darüber, doch noch ein Pflegekind in Obhut zu nehmen. „Bedingung war, es als Baby aufzunehmen und dass es bis zur Volljährigkeit bei uns lebt“, sagt die 48-Jährige.

Die Familie wendete sich an den Pflegekinderdienst im Jugendamt des Landkreises und bewarb sich für ein Kind zur Langzeitpflege. Doch bevor es so weit war, mussten die Eltern erst ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen. Die Wohnung wurde abgenommen, Schulungen folgten und das Warten, bis das Wunschkind gefunden war. Die Wahl fiel auf Jonas, ein Jahr jung, der bei seiner leiblichen Mutter nicht mehr bleiben konnte und durfte. Ihr wurde sogar das Sorgerecht entzogen und den Pflege-
eltern übertragen. „Damit können wir allein über den Jungen entscheiden, falls er ins Krankenhaus muss oder eine Operation ansteht beziehungsweise über seine schulische Entwicklung“, nennt Jonas‘ neue Mutter die Vorteile. Der Junge ist jetzt acht Jahre jung und geht zusammen mit Fabian in dieselbe Grundschule.

Als Jonas im Kindergartenalter war, kam bei Lilian Lorenz der Wunsch auf, doch noch ein Mädchen großzuziehen. Es sollte wieder ein Pflegekind sein. Aber dieses Mal hat sie das nicht geträumt, versichert sie. Über den Pflegekinderdienst lernten sie Lena und ihre Mutter kennen. Die heute Fünfjährige lebt nun schon vier Jahre im Haus der Lorenz’. „Lena war anfangs ein schwieriges Kind. Sie war sehr eigen und hat den Kontakt zu uns gescheut. Das kannten wir von Jonas so nicht“, erzählt die Pflegemutter. Dennoch ist sie in die Patchwork-Familie inzwischen hineingewachsen und ist ein Kind zur Dauerpflege. Lena betrachtet die beiden Jungs als ihre großen Brüder sowie Lilian und Frank als ihre Eltern. Das Sorgerecht für Lena ist bei ihrer leiblichen Mutter geblieben. Der Kontakt wird sporadisch gehalten, und die Mutter kann ihr Kind an Geburts- und Feiertagen sehen und besuchen. Lena kommt dieses Jahr in die Schule. Es wird die Grundschule sein, in die ihre beiden Brüder gehen. Lilian Lorenz freut sich schon darauf und auf die Feier, weil „es die letzte Zuckertüte sein wird, die ich für meine Kinder packe“.

Lilian und Frank Lorenz sind vor zehn Jahren nach Kosel gezogen. Sie haben sich ein Haus gekauft und es ausgebaut. Seit drei Monaten wohnen sie immer noch in Kosel, aber mehr außerhalb, Am Roten Strumpf. „Wir hatten schon einige Jahre ein Auge auf die leer stehende Wirtschaft geworfen, bis wir sie endlich kaufen und ausbauen konnten“, berichtet der 46-jährige Familienvater. Hier hat die Familie mehr Platz. Jedes Kind bewohnt im Obergeschoss sein eigenes Zimmer, und der Dreiseithof bietet zudem Unterschlupf für Katze Eva, Kater Adam sowie Schäferhund Kendra. „Für die Kinder ist das ideal hier“, schwärmt Lilian Lorenz. Sie denkt dabei auch an ihre drei Enkelkinder, die etwa in Lenas Alter sind, und sich in dieser Natur auch gern austoben.