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Funkstille am Funkturm

Das technische Denkmal soll erhalten bleiben, es wäre ein attraktives Schau-Objekt. Der Besitzer aber schweigt.

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Von Annett Heyse

Als im Frühjahr 2013 beim Landratsamt ein Antrag auf Abriss des Wilsdruffer Funkmastes einging, schreckte dies in der Stadt an der Wilden Sau viele auf. Undenkbar! Seit 60 Jahren steht die 153 Meter hohe Antenne. Sie gehört zum Landschaftsbild, ist eine liebgewonnene Landmarke. Doch der Sender Wilsdruff ist in den Ruhestand gegangen, seit am 30. April 2013 sechs Uhr morgens die Mittelwellenübertragung von MDR Info endete.

Damit dies nicht gleichbedeutend mit Verfall und Abriss ist, haben sich einige Wilsdruffer zusammengetan und einen Verein gegründet. Dieser will „um das Objekt kämpfen“, wie Vereins-Chef Jürgen Juhrig betont. Speziell geht es um den Funkmast, das alte Sendegebäude und das Dieselhaus. Unbedingt erhaltenswert seien Gebäude und Technik. „Ich war 2012 da drin und habe mir das mal angesehen. Dies ist der letzte Sender seiner Art, einmalig in Deutschland“, berichtet Juhrig.

Die Behörden sehen das genauso – das Wilsdruffer Funkamt steht auf der Liste der technischen Denkmale. Der Verein würde dort gerne Führungen anbieten und die Anlagen zum Tag des offenen Denkmals öffnen. Zwei, maximal drei Aktionen im Jahr könnte man organisieren, heißt es aus Vereinskreisen.

Allerdings gibt es dabei ein Problem. Ein Privatmann kaufte vor einiger Zeit das Grundstück samt Funkmast und Gebäuden von der Deutschen Telekom. Er betreibt dort eine Reitanlage und Pferdehaltung. Und er scheint wenig Interesse am Funkamt, dessen Technik und Geschichte zu haben. Denn trotz mehrmaliger Versuche des Vereins, miteinander ins Gespräch zu kommen, herrscht seit Monaten sozusagen Funkstille. „Wir wollen das Funkamt nicht vereinnahmen. Wir wollen dem Besitzer nur mal unsere Ideen erläutern und unser Konzept vorstellen“, sagt Jürgen Juhrig.

Doch der Funkamt-Eigentümer scheint andere „Sorgen“ zu haben. Er ist Polosportler und als solcher viel unterwegs. Das Funkamt kaufte er aus rein praktischen Erwägungen – als Gelände für seinen Reitsport, und nicht wegen dessen Technik und Vergangenheit. Zumal der Sender bis vor Kurzem noch in Betrieb war. Denn nachdem ab dem 30. April keine reguläre Radiosendung mehr über Wilsdruff ausgestrahlt wurde, lief noch einige Tage lang eine Hinweisschleife, welche die Hörer auf die neue digitale Empfangstechnik verwies. Am 6. Mai wurde die abgeschaltet.

Anschließend stellte der letzte Betreiber, die Media Broadcast GmbH, den Abriss-Antrag. Ein Erhalt des Turms sei zu teuer. Etwa 150.000 Euro im Jahr würde der Mast an Wartungs- und Unterhaltungskosten verschlingen, hieß es zur Begründung. Doch der Antrag ruht, nachdem das Landratsamt weitere Unterlagen von Media Broadcast forderte, diese aber nicht nachgereicht wurden. Möglicherweise auch, weil es Proteste aus Wilsdruff gab. Der Technische Ausschuss der Stadt lehnte einen Abriss zudem ab.

Zu sehr haben sich die Wilsdruffer an ihren Funkmast gewöhnt, der 1952/1953 in einjähriger Bauzeit von der Deutschen Post errichtet wurde. Er besteht aus Stahl und hat einen Keramikfuß, ist also eine riesige Antenne. Der Mast steht nicht direkt auf dem Erdboden, sondern auf einem Betongebäude. In diesem ist die gesamte Technik untergebracht, also Stromversorgung, Einspeiskabel, Spulen, Kondensatoren, Blitzschutz. Weil der Verein darauf keinerlei Zugriff hat, will er jetzt auch andere Wege gehen, um auf sein Anliegen aufmerksam zu machen. Nun soll es vierteljährlich öffentliche Podiumsgespräche geben, in denen man sich mit dem Funkamt, dessen Technik und Vergangenheit, aber auch mit dessen Zukunft beschäftigt.

Das erste Podiumsgespräch zum Funkamt findet am 11. Dezember, 19 Uhr, in der Wilsdruffer Oberschule, Am Gezinge, statt. Ein ehemaliger Leitender Ingenieur ist als Experte zu Gast. Der Verein will sich und seine Arbeit vorstellen. Zudem wird ein Film über das Funkamt gezeigt.