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Fußball-Fieber macht nicht alle Görlitzer Wirte heiß

Public Viewing ist „in“ in der Stadt. Viele Gaststätten haben Fernseher aufgestellt. Aber manche Kneipen verweigern sich dem gemeinsamen Sporterlebnis.

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© Nikolai Schmidt

Von Matthias Klaus

Görlitz. Vielleicht ist es ja eine Sache des ganz persönlichen Geschmacks, wo und wie sich Görlitzer Fußballfans am Sonnabendabend das vorgezogene Endspiel anschauen. Deutschland gegen Schweden – lieber allein im stillen Kämmerlein freuen oder ärgern? Oder doch lieber in der großen Gruppe Gleichgesinnter? So oder so: Public Viewing, das Rudelgucken, wie es zuweilen ein wenig despektierlich genannt wird, ist jedenfalls bei einem Großereignis wie der WM nicht wegzudenken. Dirk Heilmann, Chef des Hotels „Zum Klötzelmönch“ an der Fleischerstraße, hat seinen Biergarten schon lange public-viewing-tauglich gemacht. „Wir haben hier eine richtige Fanmeile. Gut, zwar eine kleine, aber immerhin“, schmunzelt er. Ab 15 Uhr, zur zweiten Halbzeit des ersten Vorrundenspiels, wirft der Hotelchef den Beamer an. Fußball gibt es dann auf der großen Leinwand zu sehen. „Hier ist immer richtig was los, abends dann sowieso“, schildert er.

Ob Café Hotspot am Obermarkt oder der Kings Pub an der Hospitalstraße – Fußball bestimmt die Kneipenwelt. Im Kings Pub startet es ab 16 Uhr. „Alle Spiele übertragen wir somit also nicht“, sagt Chef Gerd Lehmann. Ob extra wegen der Fußball-Weltmeisterschaft zusätzliche Gäste kommen, da ist er sich nicht sicher. Gefühlt gehen doch viele zum Public Viewing in die Brauerei, findet Gerd Lehmann.

Fußball in der Kneipe um die Ecke, nicht jeder Gastronomiebetrieb macht da mit. Im Internet, bei Facebook, gibt es eine ganze Liste an Görlitzer Gaststätten, die sich der WM-Euphorie verweigern, aus unterschiedlichen Gründen. „Ich kann doch gar nicht so schnell Geld verdienen, wie ich es für die Gebühren wieder los bin, wenn ich einen Fernseher aufstelle“, sagt Robert Chylla, Betreiber der „Schwarzen Kunst“ an der Neißstraße. Er hat die Kneipe im vergangenen Jahr übernommen, sie zur Schankwirtschaft erklärt – ohne Fußball-WM. „Ich bin keinesfalls gegen Fußball an sich“, stellt Robert Chylla klar. Aber wenn er an die Gema denkt – nein, dann lohnt sich ein Fernsehgerät zu Weltmeisterschaftszeiten wohl eher nicht. „Es ist ja auch gar nicht klar, ob wegen der WM zum Fußballgucken mehr Gäste kommen“, gibt er zu bedenken. Zudem gibt es keine Kurzzeitparkplätze vor der Schankwirtschaft.

Gregor Hausmann vom „Café Kugel“ an der Weberstraße sagt: „Es gibt ja viele Gastronomiebetriebe, die die WM im Fernsehen zeigen. Da müssen wir nicht mitmachen.“ Das Café sei eher auf das Familiäre ausgerichtet. „Und die Familien wollen auch mal ihre Ruhe haben. Das ist einfach unser Kundenstamm“, sagt Gregor Hausmann.

Bernd Otto von der Milchbar in Weinhübel ist in der Frage Public Viewing etwas zwiegespalten. „Wir haben ernsthaft überlegt, ob wir am Berzdorfer See Public Viewing anbieten sollten“, sagt er. Und hat sich mit seiner Frau Martina am Ende doch dagegen entschieden. „Dabei sind wir keine Fußballverweigerer, ganz im Gegenteil. Aber wir haben uns die Anstoßzeiten angeschaut. Das bringt am See nichts“, sagt Bernd Otto. Hier hat seine Gattin das Sagen, er selbst ist dann doch mitten im WM-Geschehen. „Ich stehe mit einem Verkaufswagen beim Public Viewing auf dem Brauereigelände“, sagt Bernd Otto.

Im „Steakhaus Amadeus“ in Rauschwalde gibt es ebenfalls kein WM-TV. „Wenn sich jemand Sportveranstaltungen anschauen möchte, dann muss er eben in eine Sportbar oder Ähnliches gehen“, sagt Mitinhaber Dirk Kretschmer. In der Vergangenheit hatte er zwar schon mal den Fernseher angeschaltet. Doch es habe sich eher bewährt, wenn das Gerät aus bleibt. „Wer zu uns kommen will, setzt auf das Gastronomische, auf gutes Esssen und Trinken, nicht auf Fußball und Public Viewing“, sagt er.

Bei Norbert Hauffe im City Center läuft hingegen den ganzen Tag über Fußball via Sky. „Und das das ganze Jahr über“, schmunzelt der Chef des Bowling-Centers. Ab 14 Uhr kann WM geguckt werden. „Wir haben etliche Stammgäste. Es muss niemand deswegen Bowling oder Billard spielen, wir haben ja eine gemütliche Kneipe“, sagt Norbert Hauffe. Der Wirt aus Königshain setzt auf gemeinschaftliches Fußballgucken. Dirk Heilmann vom „Klötzelmönch“ sieht das ähnlich. Natürlich hoffe er, dass Deutschland am Sonnabendabend die Chancen wahrt. Und wenn nicht? Dirk Heilmann sieht es pragmatisch. „Dann kommen vielleicht ein paar Spanier zum Public Viewing“, lacht er.