Merken

Fußgängerinsel ohne Anschluss

Der Bau-Aufwand für die Querungshilfe auf der S 172 in Heidenau war riesig. Nur an eine Kleinigkeit dachte niemand.

Teilen
Folgen
© Norbert Millauer

Von Heike Sabel

Heidenau. Man könnte drüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Für die Heidenauerin Hella Clermont ist es sogar ein Fall für den Rechnungshof. Die neue Fußgängerinsel auf der S 172 in Heidenau zwischen Real- und Hammer-Markt. Sie macht ihrem Namen alle Ehre: eine Insel im Meer von Autos. Allerdings macht nicht der dichte Verkehr die Insel für Fußgänger, Radfahrer und Kinderwagen schiebende Eltern unerreichbar. Sie kommen auf der Hammer-Seite schlicht nicht an die Insel heran, weil es hier gar keinen Fußweg gibt.

Die Probleme: kein befestigter Weg, Real-Treppen weit weg

Das sächsische Landesamt für Straßen und Verkehr hat die Insel gebaut, aber offenbar nicht an die Anbindung gedacht. Die Polizei soll deshalb bei der Abnahme der Insel bereits ihre Bedenken geäußert und von einer möglichen Sperrung gesprochen haben, sagt Heidenaus stellvertretende Bürgermeisterin Marion Franz. Das will die Polizei zwar auf die Schnelle nicht bestätigen, doch es scheint nachvollziehbar.

Von der Insel kommend, wurde zwar auf der Hammer-Seite ein Stück neben der Straße asphaltiert, aber das war es auch schon. Dahinter kommt nur ein grasbewachsener Hang. Zu Fuß ist er beschwerlich zu überwinden, mit dem Fahrrad nicht viel besser, mit dem Kinderwagen gar nicht – und bei Regen für alle eine Schlammschlacht. Wer wie Hella Clermont die Insel nutzen will, steht auf der Hammer-Seite gewissermaßen am Abgrund. „Eine traurige Angelegenheit“, sagt sie.

Viele Fußgänger überqueren die vierspurige S 172 deshalb nach wie vor rund 100 Meter neben der Insel, weil es hier einen Trampelpfad in Verlängerung der Feldstraße gibt, von dem aus auch die Treppen in Richtung Real-Markteingang nah sind. Der versprochene Sicherheitsgewinn durch die Insel ist also gleich null.

Die Vorgeschichte: Notwendigkeit besteht seit über 20 Jahren

Eine Möglichkeit, die Straße als Fußgänger zu überqueren, wurde schon in den 1990er-Jahren gefordert. Damals bauten Wertkauf und Praktiker auf den beiden Seiten, dann kam Roller dazu und der Verkehr nahm immer mehr zu. Auch für das nahe Freibad wäre die Querungshilfe bitter nötig gewesen. Am Wochenende wurde der Praktiker-Parkplatz von den Badbesuchern genutzt, die dann über die vierspurige Straße mussten. Doch die Insel kam nicht.

Mit Eröffnung der Flüchtlings-Erstaufnahmeeinrichtung im einstigen Praktiker-Markt wurde das Problem vor einem Jahr akut. Die Behörden überlegten und planten. Zunächst war eine Querungshilfe zwischen Hammer und Praktiker gedacht. Doch da war die Zufahrt im Weg. So wurde im November die Insellösung entschieden. Zur Realisierung im Mai gab es dann im ehemaligen Praktiker keine Flüchtlinge mehr.

Die Lösung: Zuwegung zur Insel soll gebaut werden

Die neue Insel für Fußgänger zu sperren, ist für die Stadt keine Lösung. Heidenau will eine Sperrung nicht riskieren und nun selbst einen Fußweg bzw. eine feste Zuwegung aus Richtung Feldstraße bauen. Weil die über Flächen des Freistaates führen wird, hat man sich an den zuständigen Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) als Grundstückseigentümer gewandt, sagt Marion Franz. Die SIB bestätigt dies, man verhandle derzeit mit der Stadt Heidenau über die Realisierung. Termine gibt es noch nicht.

Die Zuwegung wird die Situation entschärfen, die Insel etwas attraktiver machen. Ob sie an der Nutzung etwas ändert, ist fraglich. Für viele Fußgänger befindet sich die Insel einfach an der falschen Stelle. Der viel genutzte Trampelpfad 100 Meter weiter hat sich schließlich nicht zufällig entwickelt. Hella Clermont will den neuen Zuweg trotzdem testen – wenn er fertig ist.