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Ganz großes Kino

Die meisten Kinos stehen in größeren Städten. Das Castello bildet dabei eine Ausnahme – und würde gern ausbauen.

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© Sebastian Schultz

Von Dörthe Gromes

Gröditz. Der spontane Gang ins Kino mag für Großstädter selbstverständlich sein, im ländlichen Raum ist das Freizeitvergnügen oft mit weiten Wegen verbunden. „Zu uns kommen Leute aus einem Umkreis von 30 bis 40 Kilometern“, erzählt der Betreiber des Gröditzer Castellos, Mario Götze. Kein Wunder - befinden sich doch die nächsten Kinos in Riesa, Großenhain, Torgau und Senftenberg. Insgesamt gibt es derzeit 85 Kinos im Freistaat, allerdings verteilen sich allein 39 auf die drei großen Städte Leipzig, Dresden und Chemnitz. Von den fünf ostdeutschen Bundesländern hat Sachsen noch die höchste Kinodichte. – Ungewöhnlich am Castello ist, dass es sich nicht um ein Lichtspielhaus aus DDR-Zeiten handelt, das die Wende überlebte, sondern um einen Neubau. Um die Jahrtausendwende wurde die jahrelang vom Stahlwerk genutzte Kulturstätte nach Plänen des Gröditzer Mäzens Siegfried Richter zum Kino umgebaut. Das ursprüngliche Gebäude erkennt man heute kaum noch.

Begeistert für Neues

Betreiber Mario Götze kam zum Kino wie die Jungfrau zum Kinde. Einen Bezug zur Filmwirtschaft hatte der 42-jährige Informatiker vor der Castello-Übernahme nicht. Zwar habe er immer schon ein Faible für Filme gehabt, aber die Übernahme des Castello sei ein Zufall gewesen: „Ich habe gesehen, dass das Kino unter dem alten Betreiber immer schlechter lief und mir gedacht: Kino kann ja nicht so schwer sein.“ Ende 2011 übernahm Götze das Haus, im Februar 2012 wurde die Lichtspielstätte mit drei Sälen nach einer umfassenden Renovierung neu eröffnet. Anfangs kamen noch alte Filmprojektoren zum Einsatz, nach nur einem halben Jahr wurde auf Digitaltechnik umgestellt. Mario Götze ist kein Kinonostalgiker. Der alten Technik trauert er nicht hinterher, begeistert sich eher für die neuen Möglichkeiten. „Früher kam ein Film von anderthalb Stunden auf sechs bis sieben Filmrollen daher, die man zunächst zusammenkleben musste.“ Heute kommen die Filme auf Festplatten, die in den Digitalprojektor eingelegt werden. Ein Knopfdruck genügt und es geht los.

Lokal statt vierter Saal

Kalkulieren muss Götze im Kinogeschäft genau. Die Verleiher verpflichten ihn in der Regel, einen Film mehr als drei Wochen zu zeigen. Der Filmverleih erhält etwa 50 Prozent von jeder verkauften Kinokarte. Dazu kommen Versandkosten für die Filmkopie – rund 150 Euro. „Das muss erst einmal erwirtschaftet werden“, so Götze. In Gröditz werden deshalb vor allem Filme, die viel Publikum anziehen gezeigt. Das lockte im vergangenen Jahr rund 45 000 Besucher ins Castello. – Um eine größere Film-Bandbreite zeigen zu können – pro Woche starten in Deutschland etwa zehn Streifen – hätte Mario Götze gern einen vierten Kinosaal gebaut. Pläne dafür gab es schon 2014. Doch Kosten von 80 000 Euro waren nicht zu stemmen. Ein Förderantrag bei der Filmwirtschaft wurde abgelehnt. „Mit der Begründung, dass drei Leinwände für Gröditz reichen würden“, erzählt Götze achselzuckend. Statt des neuen Kinosaals ist ins Erdgeschoss ein Restaurant eingezogen. Wer glaubt, ein Kinobetreiber würde den ganzen Tag Filme gucken, irrt. Action-Fan Götze bedauert, dass er selbst leider viel zu selten zum Filmgucken kommt. Zuletzt hat er sich den neuen James Bond angesehen – im eigenen Kino. Doch wie ist es in seinen Augen um die Zukunft des Kinos bestellt? Stirbt es vielleicht sogar aus? Schließlich sind Filme heutzutage ständig und überall verfügbar. Mario Götze überlegt, dann zitiert er den US-Autor John Naisbitt: „Man geht nicht nur ins Kino, um sich Filme anzusehen. Man geht vielmehr ins Kino, um mit zweihundert Menschen zu lachen und zu weinen.“