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Ganz schön angefressen

Sächsische Biolandwirte schließen ein neues Bündnis. Der Bauernverband wehrt sich.

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© Robert Michael

Von Georg Moeritz

Na, wer möchte noch ein Brötchen? Ingeborg Schwarzwälder kurvt auf die Leute zu, bietet Selbstgebackenes aus der Schubkarre an. Weizen und Roggen stammen vom Biohof, den sie seit der Wende bei Meißen bestellt. Ihr Pfarrgut Taubenheim mit 19 Mitarbeitern und 150 Hektar Land gehörte zu den ersten Ökobetrieben in Sachsen. Am Freitag hat Schwarzwälder ihre Vollkornbrötchen mit zu einer Gründungsveranstaltung in die Dresdner Neustadt gebracht. Mit gut 30 Mitstreitern stellte sie das Bündnis Meine Landwirtschaft Sachsen vor. Als eine der ersten unterschrieb sie eine Petition an den Landtag. Hauptforderung: Agrarwende in Sachsen.

Pappschilder und Fahnen gehören zu dem Auftritt in der Fußgängerzone, Greenpeace steuert Flugblätter gegen Gentechnik bei. Auf fünf Seiten hat das neue Bündnis ein Positionspapier zusammengestellt, das Massentierhaltung und Billigexporte ebenso anprangert wie Monokulturen und steigende Preise für Ackerland.

Stellenweise liest sich die Liste wie eine Grundsatzkritik an der Agrarpolitik. Von Verödung ländlicher Regionen ist die Rede und vom Hunger auf der Welt. Doch im Papier steht auch Versöhnliches: Das Bündnis wolle nicht etwa große gegen kleine Betriebe ausspielen. Schwarzwälder sagt, sie verzichte zwar in ihrem Betrieb auf Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger, aber sie wolle „keine Konfrontation mit konventionellen Betrieben“. Sie sei doch nicht angetreten, alles umzukrempeln.

In dem neuen Bündnis sollen möglichst viele mitmachen, auch Verbraucher und konventionell wirtschaftende Bauern. Doch beim Gründungstreffen steht Biolandwirtschaft im Vordergrund. Milana Müller, die in Tharandt etwas Getreide anbaut und einige Ziegen hält, sieht in den Ideen des neuen Bündnisses durchaus eine Gegenposition zum Sächsischen Landesbauernverband. Bündnis-Sprecherin Urte Grauwinkel dagegen betont, dass sie die Chefs der Großbetriebe als Kollegen ansieht, mit denen sie mal gemeinsam studiert habe. „Wir müssen gemeinsam eine neue Landwirtschaft entwickeln“, sagt sie.

Konkurrenz unter Bio-Verbänden

Doch für den Landesbauernverband sind Begriffe wie Massentierhaltung und Agrarindustrie ein rotes Tuch. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Manfred Uhlemann ärgert sich am Telefon hörbar über das neue Bündnis, wie vor einigen Jahren über den Bundesverband Deutscher Milchviehhalter. Uhlemann sagt, sein Verband sei die Interessenvertretung aller Landwirte, auch der ökologischen. Ob es einem Tier gut gehe, hänge nicht von der Größe des Betriebes ab. Zwar sei der ostdeutsche Bio-Anbauverband Gäa aus dem Bauernverband ausgetreten – aber damit schade er sich selbst. Seitdem empfehle der Bauernverband nämlich den Ökobauern unter seinen Mitgliedern, sich dem Gäa-Konkurrenten Biopark anzuschließen.

Landwirtschaftsminister Frank Kupfer (CDU) hält nach Angaben seines Sprechers eine Agrarwende nicht für nötig. Wenn ein Bauernhof auf Ökolandbau umstellen wolle, bekomme er Fördergeld. Laut Lena Weik vom Verband Bioland sind diese Zuschüsse in Sachsen höher als etwa in Brandenburg. Doch für viele konventionelle Betriebe lohne es sich finanziell, Geld etwa mit Biogas und großen Maisflächen zu verdienen, statt den Einstieg in Bio-Anbau zu wagen. Die 500 Öko-Höfe in Sachsen bewirtschaften vier Prozent der Ackerfläche.

Bündnis: www.meine-landwirtschaft-sachsen.de

Landesbauernverband: www.slb-dresden.de