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Gasleitung taucht in die Elbe

Der 230 Meter lange Elbedüker ist am Dienstag durch den Fluss gezogen worden. Eine besondere Herausforderung.

Von Peggy Zill
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Mit einer Seilwinde wird das 900 Tonnen schwere Rohr, das mit Beton ummantelt ist, auf die andere Elbseite gezogen. Zuvor wurde im Flussbett ein fünf Meter tiefer Graben ausgehoben. Nun muss dieser wieder verfüllt werden.
Mit einer Seilwinde wird das 900 Tonnen schwere Rohr, das mit Beton ummantelt ist, auf die andere Elbseite gezogen. Zuvor wurde im Flussbett ein fünf Meter tiefer Graben ausgehoben. Nun muss dieser wieder verfüllt werden. © Norbert Millauer

Coswig. Mehr als zwei Monate haben die Bauleute auf diesen Moment hingearbeitet. Nun liegt der 900 Tonnen schwere Elbedüker – 230 Meter Rohr mit einer Betonummantelung – auf Rollen bereit. Der Beton ist ein zusätzlicher Schutz für die Rohre und dient als Beschwerung. Von Brockwitz soll der Rohrabschnitt rüber auf die andere Elbseite gezogen werden. Dort steht eine Linearzugwinde, gesichert an zehn Meter tiefen Spundwänden.

Kein alltäglicher Anblick auf einer nicht alltäglichen Baustelle. Deshalb haben die Bauleute auch viele Zuschauer. Neben Vertretern der Bauherrin, der Gascade Gastransport GmbH, stehen zahlreiche Journalisten, Fotografen, Vertreter der Stadtverwaltung, Landesdirektion und der Landrat mit Helm, Warnweste und Gummistiefeln auf einem Hügel direkt am Elbufer, um die Flussquerung zu verfolgen. Auch die „zivilen“ Zaungäste dürfen mit hoch. „Sieht man ja nicht alle Tage“, sagt ein Mann, der ganz in der Nähe sein Bootshaus hat und das Treiben auf der Baustelle seit Beginn beobachtet.

Im September erhielt Gascade für die Eugal-Leitung die Baugenehmigung. Ein Team von 50 Bauleuten arbeitet seitdem daran, die Elbquerung vorzubereiten. Eine ganz besondere Herausforderung, wie Bauleiter Ioannis Plakidis-Adamer sagt. Es sei viel Fingerspitzengefühl nötig. Die Arbeiter auf beiden Flussseiten können über Funkgeräte miteinander sprechen.

Im Fluss wurde im Vorfeld ein rund fünf Meter tiefer Graben ausgehoben. Aufgrund des Niedrigwassers der Elbe war dafür kein schwimmender Bagger nötig. Auch der Schiffsverkehr musste nicht eingestellt werden. Nur wenn der Düker rübergezogen wird, dürfen keine Schiffe passieren. Drei bis vier Stunden soll das dauern.

Gegen 10 Uhr befestigen die Bauarbeiter das Stahlseil am Rohr, das vorn und hinten verschlossen ist, damit kein Wasser hineinläuft. Zusätzlichen Auftrieb sollen Tanks geben, die mit Stahlplastikbändern befestigt sind. Das erleichtert die Querung. Dann spannt das Seil und der Koloss setzt sich ganz langsam in Bewegung. Dabei reißen die meisten Bänder und viele der Schwimmkörper kullern ins Wasser. „Es geht trotzdem“, sagt Gascade-Pressesprecher Reemt Bernert. Nach knapp zwei Stunden ist die andere Elbseite erreicht.

Der Aushub aus der Elbe kommt nun wieder auf den Düker drauf. 2,50 Meter unter der Flusssohle wird die Leitung dann liegen. Das allerdings wird erst im neuen Jahr beendet sein. Ab Donnerstag herrscht Weihnachtsruhe auf der Baustelle. Viele der Arbeiter kommen aus Italien und wollen zu ihren Familien. Den Düker hat eine Fachfirma aus Nordrhein-Westfalen gebaut. Die restlichen Arbeiten wurden an eine deutsche und eine italienische Firma vergeben. „Bei so einem Bauwerk in dieser Form braucht man Fachfirmen und Manpower“, erklärt Reemt Bernert.

Die Weihachtspause kann das Projekt verkraften. „Das Wetter hat uns gut in die Karten gespielt“, sagt der Pressesprecher. Weil es kaum Frost gab und trocken war liegen die Arbeiten gut im Zeitplan. In Sachsen sollen die Bauarbeiten an der Leitung Ende 2019 abgeschlossen sein. Aktuell wurden im Freistaat rund 44 Kilometer Mutterboden abgezogen, zwölf Kilometer Rohre verschweißt und bereits sieben Kilometer im Boden versenkt.

Insgesamt ist die Ferngasleitung 480 Kilometer lang und verläuft von der Ostsee bis zur deutsch-tschechischen Grenze, parallel zur Opal-Leitung. In Sachsen wird nur ein Strang verlegt. In Brandenburg ist es größtenteils eine Doppelleitung. Ein Rohr ist 17,5 Meter lang, 1,40 Meter im Durchmesser und wiegt 15 Tonnen.

„Eugal ist im Gasbereich an Land das größte Projekt in Europa“, sagt Ludger Hümbs, Gesamtprojektleiter Eugal. Ob es auch das letzte bleibt, kann er nicht versprechen. Der Importbedarf für Gas steige. Der europäische Netzentwicklungsplan geht von einem Importbedarf von 183 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus. „Deshalb brauchen wir Eugal“, so Hümbs. Die Leitung hat eine Transportkapazität von 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr. Zum Vergleich: Deutschland verbraucht rund 85 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Nach derzeitigem Stand genügen die Kapazitäten. „Aber vor acht Jahren hätte auch niemand gedacht, dass wir Eugal bauen“, so der Projektleiter.