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Gebührenschock für Raußlitzer

In dem ehemals zu Ketzerbachtal gehörenden Ort sollen einige Bürger mehr als doppelt so viel wie bisher für Abwasser zahlen. Gibt es einen Ausweg?

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© dpa

Von Marcus Herrmann

Nossen/Raußlitz. Der Protest war angekündigt. Etwas mehr als 30 Raußlitzer hielten Wort und versammelten sich zur jüngsten Sitzung des Stadtrates im Nossener Rathaus. In der Bürgerfragestunde konfrontierten sie das Gremium samt Bürgermeister Uwe Anke (parteilos) mit dem Problem, das sie derzeit wohl am meisten beschäftigt – die zum Teil drastische Erhöhung der Vorauszahlungen für die Abwasserentsorgung ab diesem Jahr. Dabei geht es nicht um die Grundgebühr, sondern die Mengengebühr, die in Nossen bei 3,71 Euro pro Kubikmeter liegt. Seit 1. Januar ist die Gebühr um 21 Cent je Kubikmeter gestiegen, und das mindestens bis 2022. Während die Erhöhung in der Stadt aber eher moderat ausfällt, werden die Raußlitzer, die in den letzten zehn Jahren deutlich weniger bezahlen mussten, nun richtig zur Kasse gebeten. Denn die Gebühren sollen sukzessive angeglichen werden. Ein Haushalt mit zwei Personen zahle für die nächsten fünf Jahre rund 85 Prozent mehr, mit drei Personen 72 Prozent und ein Einzelhaushalt 130 Prozent mehr, rechnet die Raußlitzerin Steffy Streubel vor. Sie klagt, dass der Stadtrat die Konsequenzen der beschlossenen Gebührensatzung nicht durchgerechnet habe.

Die jetzt festgesetzten Vorauszahlungen seien sozial unverträglich, würden vielen Raußlitzer vor erhebliche finanzielle Probleme stellen, machten einige Bürger in der Einwohnerfragestunde deutlich. Grund für die Erhöhung der Gebühr ist zum einen die zu niedrige Kalkulation für die Jahre 2009 bis 2013 und 2013 bis 2017 für die Altgemeinde Ketzerbachtal. „Sie haben in den letzten Jahren de facto zu wenig bezahlt, deshalb müssen sie jetzt fünf Jahre durch“, erklärte Bürgermeister Uwe Anke. Zum anderen fallen für die Instandhaltung und den Ausbau von Abwasseranlagen im ländlichen Bereich hohe Kosten an. „Das heißt nicht, dass die Gebühren dauerhaft so hoch bleiben müssen, aber für die Konzeption für die nächsten Jahre muss zunächst mit einer verlässlichen Größe gerechnet werden“, sagte der Nossener Klärchef Jens Kummer.

Die aktuellen Gebühren für die Stadt Nossen hat das Institut für Wasserwirtschaft Halbach in Werdau berechnet. „Es geht grundsätzlich darum, in Zukunft endlich ähnliche Strukturen für die Abwassergebühren in der Stadt Nossen als auch in den ländlichen Ortsteilen zu schaffen. Dafür bedarf es einer zentralen Satzung“, so Uwe Anke. Er erinnerte auch daran, dass die Stadt Nossen die Kosten für das Niederschlagswasser in den Altgemeinden übernehme, sonst würde es noch teurer für die Kunden. Die Gebühren müssten über kurz oder lang ohnehin eingenommen werden, wenn nicht über die Abwassergebühr, dann über höhere Steuern. Der erhebliche Nachbedarf aus den Jahren 2013 bis 2017 bleibe so oder so bestehen.

Damit wollen sich die Raußlitzer aber nicht abfinden. Es müsse nach anderen Lösungen gesucht werden. Könnte die Stadt nicht ein Darlehen aufnehmen, um die Belastung für die Bürger abzufedern?, fragt eine Bürgerin. Zur Sprache kommt auch die nicht ganz neue Idee eines symbolischen Solidar-Euros, den die Bewohner der Kernstadt für eine bestimmte Zeit zuschießen könnten, um die in den Altgemeinden zu unterstützen. Das sei auch geprüft worden, jedoch rechtlich nicht durchsetzbar, so das Stadtoberhaupt. Die etwa 30 Raußlitzer wollen sich nun – spätestens kommende Woche – mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit wenden. Auch rechtliche Schritte ziehen einzelne in Betracht. Ob das erfolgversprechend wäre, darf jedoch bezweifelt werden. In jedem Fall bleibt die Frage der Abwasserentsorgung für die Stadt Nossen mit ihren 56 Ortsteilen eine kostspielige. So wurden bereits 50 000 Euro in eine modernere Abwasserentsorgung in Leuben-Schleinitz investiert. In Bodenbach werden demnächst 30 000 Euro fällig.