Radeberg
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Bibliothekarin und Olympia-Kader

Schauspielerin Carmen-Maja Antoni verriet bei „Bier&Kultur“ in Radeberg so einige Geheimnisse.

Von Jens Fritzsche
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Sichtlich entspannt war die Schauspielerin Carmen Maja Antoni vor ihrer Lesung in der Radeberger Brauerei.
Sichtlich entspannt war die Schauspielerin Carmen Maja Antoni vor ihrer Lesung in der Radeberger Brauerei. © Steffen Unger

Radeberg. Man muss schon ein Ding an der Bimmel haben, Schauspielerin zu werden. Sagt sie – und kann so herrlich uneitel lachen. „Andere Kinder sind zum Basteln gegangen, ich zum Fernsehen“, erinnert sie sich an 1956, als sie mit zarten zehn Jahren zu Aufnahmen zum Kinderfernseh-Abendgruß und später fürs Kinder-TV-Kabarett „Blaue Blitze“ in die Studios Berlin-Adlershof fuhr. In der Schule hatten sie nach vorlauten Mädchen gesucht, „da passte ich …“

Bloß gut, dass sie sich nicht fürs Basteln entschied, muss man einfach nach diesem Abend in Radeberg sagen. Schauspielerin Carmen-Maja Antoni war im Conrad-Brüne-Haus der Radeberger Exportbierbrauerei zu Gast, las in der gemeinsamen Veranstaltungsreihe „Bier&Kultur“ der Brauerei und der Rödertal-SZ aus ihrer Biografie „Im Leben gibt es keine Proben“. Doch vor allem erzählte sie. Über ihr bewegtes, aufregendes und vor allem nicht leichtes Leben, erzählte über sich, und das trotzdem ohne, sich in den Vordergrund zu rücken. Nein, Star-Allüren trägt diese kleine große Frau nicht vor sich her. Und sie hat dabei dieses herrlich verschmitzte Lächeln im Gesicht, das man zum Beispiel auch aus einer ihrer jüngsten Fernsehrollen kennt, als Dorfgasthof betreibende Schwester in der Reihe um den beliebten und beleibten brandenburgischen Dorfpolzisten Krause.

Am Berliner Ensemble gespielt

Dabei ist Carmen-Maja Antoni wirklich das, was man mit dem Begriff Star umschreiben könnte. Sie hat 43 Jahre lang am wohl wichtigsten und bekanntesten deutschen Theater gespielt, dem Berliner Ensemble Brechts. Sie war zu DDR-Zeiten regelmäßig im Fernsehen und in Kinoproduktionen zu sehen – und es gab für sie auch nach der Wende keinen Abbruch. Jüngst spielte sie gar mit Kate Winslet in der Hollywood-Produktion „Der Vorleser“ eine Gefängnisbibliothekarin, die zwar nur in einer Szene zu sehen ist, aber „kleinste Rollen sind nur kurz, nicht klein – sie sind das Salz in der Suppe der Hauptdarsteller“.

Wobei Carmen-Maja Antoni nicht nur das Basteln hätte auf eine andere berufliche Bahn bringen können, sondern auch der Sport. Auch das ist eine überraschende Erkenntnis dieses wunderbaren Radeberger Abends. Dass sie nämlich 1964 als Eisschnellläuferin fürs DDR-Olympiateam bei den Winterspielen in Innsbruck nominiert war, dürfte kaum bekannt sein …

Mit den Radebergern ins Gespräch gekommen

Es war vor allem diese unglaubliche Nähe, die diesen Abend in Radeberg ausmachte. Und so funktionierte auch der zweite Teil nach der Pause problemlos: Sie legte das Buch zur Seite und wollte mit den Radebergern ins Gespräch kommen. Und die ließen sich nicht lange bitten, stellten Frage um Frage. Ein sehr persönlicher Abend mit einer beeindruckend unkomplizierten Großen des Theaters! Die auch gleich mal deutlich macht, dass sie mit ihren gut 1.50 Metern Körperhöhe genauso umzugehen gelernt hat – „immerhin hat mir das diese wunderbare Rolle der Anderthalb-Meter-Großmutter in der Strittmatter-Verfilmung des Ladens gebracht“ – wie sie längst weiß, sich gegen Theater-Arroganz aus dem Westen des nun fast 30 Jahre wiedervereinten Landes durchzusetzen. Eine Frau, die durch ihre Fähigkeit, auch mal über sich selbst lachen zu können, jedes Eis bricht: „Früher hätte ich in Radeberg eine Menge Stress gehabt – denn all meine Freunde hätten mir den Auftrag gegeben, Radeberger Pilsner zu besorgen… “ Schon dieser erste Satz saß perfekt, an diesem wunderbaren Abend!

Am 27. September – zwei Wochen nach dem Brauereifest – wird Puppenspielerin Cornelia Fritzsche mit ihrer legendären Ratte bei „Bier&Kultur“ zu Gast sein.