Merken

Gefängnis erlaubt Videoanrufe

Manche Insassen der JVA Zeithain dürfen ab sofort ihre Angehörigen per Skype kontaktieren. Zumindest vorerst.

Teilen
Folgen
© Lutz Weidler/Montage: SZ

Von Eric Weser

Zeithain. Einander Briefe schreiben und telefonieren, das waren bis jetzt die einzigen Möglichkeiten für Insassen des Zeithainer Gefängnisses, sich mit weit entfernt wohnenden Angehörigen auszutauschen. Ab sofort gibt es aber eine neue Möglichkeit zur Kontaktpflege. Denn die Zeithainer Justizvollzugsanstalt hat am Freitag die Möglichkeit des sogenannten Skypens eingeführt.

Hinter Skype verbirgt sich ein Computerprogramm, das unter vielen Nutzern von Computern und Smartphones seit Jahren beliebt und sehr verbreitet ist. Es ermöglicht, andere Nutzer des Programms über das Internet zu erreichen und mit ihnen Textnachrichten, aber auch Dateien auszutauschen. Eine andere vielgenutzte Möglichkeit des Programms ist die Videotelefonie: Haben zwei Skype-Nutzer jeweils eine Kamera und ein Mikrofon an ihrem Endgerät, können sie einander beim Sprechen auch sehen.

Eine Kommunikationsform, die für viele Menschen außerhalb von Knastmauern längst selbstverständlich ist. Mit dem Modellprojekt in Zeithain hält sie nun Einzug in sächsische Gefängnisse. „Mit dieser neuen Form der Besuchsdurchführung möchten wir die Gefangenen unterstützen, denen aus verschiedenen Gründen der persönliche Kontakt zu ihren Angehörigen bislang verwehrt war“, sagt der Zeithainer Anstaltsleiter Oliver Schmidt.

In einem zunächst auf drei Monate befristeten Testbetrieb können diese kostenlosen „Videobesuche“ für Gefangene von der Anstalt genehmigt werden – wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Laut der Zeithainer JVA-Leitung ist das dann der Fall, wenn der Skype-Teilnehmer außerhalb eines 200-Kilometer-Umkreises um die JVA wohnt, gesundheitlich oder finanziell eingeschränkt und deshalb ein klassischer Besuch nicht möglich ist. Den Kreis der kontaktierbaren Personen hat die Anstalt auf einen engen Zirkel begrenzt. Demnach kommen Ehe-und Lebenspartner, leibliche Kinder, Geschwister, Eltern sowie Großeltern infrage.

Eine halbe Stunde haben die Insassen für einen Skype-Besuch Zeit. Um Missbrauch zu verhindern, schaut die Anstalt ihnen dabei über die Schulter. Auf Maus und Tastatur des Computers zuzugreifen, sei den Gefangenen ebenfalls nicht möglich, heißt es von der Zeithainer JVA-Leitung.

Wie es zu dem Modellversuch gekommen ist, darüber gibt es unterschiedliche Versionen. Von der JVA-Leitung heißt es, 2015 sei die Idee erstmals auf Landesebene in einer Arbeitsgruppe diskutiert und danach ein Konzept erarbeitet worden. Derweil reklamiert die Gefangenengewerkschaft GG/BO, eine 2014 in Berlin gegründete Insassen-Lobby, vor zwei Jahren den Startschuss für die Einführung der Videotelefonie im Knast gegeben zu haben.

Fakt ist unterdessen, dass die Skype-Nutzung in Gefängnissen in anderen Bundesländern bereits erprobt worden ist. Einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks zufolge hat die JVA im schleswig-holsteinischen Neumünster im Vorjahr die virtuelle Besuchsform eingeführt.

Für wie viele der rund 400 JVA-Insassen in Zeithain das neue Angebot infrage kommt, ließ die Anstalt unbeantwortet.