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Gefahr an der Bahn

Im Dezember geht die Niederschlesien-Magistrale in Betrieb. Zuvor gibt es für Nieskyer Schüler Verhaltenstipps.

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© André Schulze

Von Frank-Uwe Michel

Niesky. Mit welchen Gefahren muss man rechnen, wenn ab dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember die Niederschlesien-Magistrale in Betrieb geht und damit für eine schnellere Bahnanbindung der Region sorgt? Die Schüler der 7. und 8. Klassen der Nieskyer Oberschule staunten nicht schlecht über das, was ihnen Hauptmeister Kai Simon von der Bundespolizeiinspektion Ludwigsdorf am gestrigen Mittwoch erklärte. Vor allem der Bahnstrom sei völlig neu für die Menschen, die hier acht Jahre lang relative Ruhe an den Gleisen gehabt hätten, so der Experte. Per Video führte er den Schülern eindrucksvolle Beispiele vor, was geschehen kann, wenn man unaufmerksam ist, sich neckt oder denkt, es werde sowieso nichts Schlimmes passieren. Da wurde gezeigt, wie schnell ein allzu Neugieriger Feuer fangen kann, hält er den Mindestabstand von 1,50 Meter zur Oberleitung nicht ein. Oder welche verheerenden gesundheitlichen Folgen zu erwarten sind, wenn die stets anliegenden 15 000 Volt den Körper eines Menschen durchdringen. „Es ist eine latente, lautlose Gefahr, die man eigentlich gar nicht wahrnimmt, von der man aber wissen muss“, beschreibt Simon den elektrifizierten Verkehrsfortschritt zwischen Hoyerswerda und der polnischen Grenze. Seit 7. September befinde sich die Oberleitung unter Strom. In der vom Umspannwerk Lohsa herangeführten sogenannten Speiseleitung betrage die Spannung sogar 28 000 Volt.

Der Hauptmeister der Bundespolizei macht den staunenden Schülern deshalb auch klar, wie man sich verhalten sollte und was man keinesfalls tun darf, um sich oder andere nicht in Gefahr zu bringen. „Wenn hier in Zukunft jede Menge Güterzüge unterwegs sind, kann es natürlich sein, dass manche für eine bestimmte Zeit abgestellt werden. Das Hochklettern an den Waggons ist lebensgefährlich. Solche Mutproben enden in der Regel mit einem Stromschlag, der entweder zum Tod oder zu starken Verbrennungen führt.“ Der Körper werde weggeschleudert oder fange sofort Feuer. Denn aus der Leitung kämen schlagartig 30 000 Grad Celsius. Die Rettung des Unfallopfers sei nur im spannungslosen Zustand der Leitung möglich. „Das kann aber noch 20 bis 30 Minuten dauern, nachdem der Starkstrom abgeschaltet worden ist“, erläutert der Experte.

Genauso problematisch ist es, sich auf den Schienen oder im Gleisbett aufzuhalten. Was vor allem am langen Bremsweg liegt, der nach der Vollbremsung des Zugführers bis zum Stillstand des Zuges noch zurückgelegt wird. Kai Simon teilt die künftig auf der Niederschlesien-Magistrale verkehrenden Züge in drei Kategorien: „Ein Odeg-Shuttle ist mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h unterwegs und braucht bis zu 450 Meter, ehe er still steht. Bei ebenso schnellen Güterzügen verlängert sich der Bremsweg bis auf 1 000 Meter. Und Sonderzüge, vielleicht nostalgische Dampflokfahrten, brauchen bei 80 km/h noch rund 450 Meter, bis sie zum Stehen kommen.“ Moderne Züge hätten gegenüber früher einen viel niedrigeren Geräuschpegel, die rechtzeitige Wahrnehmung – vor allem, wenn man mit anderen Dingen abgelenkt ist – sei schwieriger geworden. „Kopfhörer und Handys sollten im Bahngelände deshalb mit Bedacht benutzt werden. Wer nicht richtig aufpasst, hat gegen einen heranbrausenden Zug das Nachsehen“, mahnt der Hauptmeister seine Zuhörer eindringlich. Immerhin brauche ein Güterzug mit 35 beladenen Waggons 35 Sekunden nach der Vollbremsung bis zum Stillstand.

Im Vorfeld der Inbetriebnahme der Niederschlesien-Magistrale hat die Präventionsabteilung der hiesigen Bundespolizeiinspektion ihr Beratungsangebot gerade in Schulen und Kindergärten noch einmal ausgebaut. Nachdem die Deutsche Bahn vor den Sommerferien in diesen Einrichtungen bereits einen Elternbrief mit Hinweisen zur Sanierung der Strecke, zu geänderten Bahnübergängen und zu den Gefahren des Bahnstroms verteilen ließ, kommen die Bundespolizisten noch einmal direkt vor Ort. „An der Gutenbergschule und der Oberschule in Niesky waren wir schon, ins Gymnasium, in die Oberschule Rothenburg sowie an die Grundschulen See und Horka werden wir in den nächsten Tagen noch gehen“, so Kai Simon.