Von Andre Anwar, Stockholm
Seit drei Jahren lebt er in der Botschaft Ecuadors in London. Dort versteckt sich Julian Assange, Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, vor dem Zugriff britischer Behörden, die ihn nach Schweden ausliefern wollen. Im Jahr 2010 soll Assange dort Sexualverbrechen an zwei Frauen begangen haben.
Der heute 44-Jährige wurde der „weniger groben Vergewaltigung“, sexueller Nötigung und sexueller Belästigung verdächtigt. Die letzten beiden Punkte verjähren aber in gut vier Wochen. Deshalb befürchtet die Anwältin der beiden Frauen, dass die Staatsanwaltschaft die Voruntersuchung einstellt. Dann könnte Assange möglicherweise schon im August wieder ein freier Mann sein.
Eigentlich wollte die schwedische Staatsanwaltschaft nach jahrelanger Weigerung Assange in der Botschaft Ecuadors in London verhören, weil er sich weigert, nach Schweden zu kommen. Die Regierung in Stockholm garantiere ihm nicht, dass er nicht von dort in die USA ausgeliefert wird, begründete Assange die Weigerung.
Er hatte zahlreiche geheime US-Militärdokumente zum Krieg in Afghanistan und dem Irak veröffentlicht und damit Kriegsverbrechen enthüllt. Die US-Soldatin Chelsea Manning musste dafür ins Gefängnis, sie gilt als Quelle der Dokumente.
Seit Assange in der Botschaft festsitzt, wirkte Wikileaks wie gelähmt. Doch nun macht die Plattform erneut weltweit Schlagzeilen – diesmal mit Enthüllungen von Abhöraktionen des US-Geheimdienstes NSA gegen französische Spitzenpolitiker. Die Bürger hätten ein Recht darauf, zu wissen, dass ihr Land von einem angeblichen Verbündeten über den Tisch gezogen werde, ließ Assange wissen. Zuvor hatte die Regierung in Paris ein Asylgesuch abgewiesen.
Letztlich könnte eine Beendigung der Voruntersuchung nicht nur Assange, sondern auch der schwedischen Staatsanwaltschaft aus einer Sackgasse helfen, glauben Rechtsexperten. Denn seit das Voruntersuchungsprotokoll mit ausführlichen Zeugenaussagen beider Frauen aus dem Jahr 2010 zu ihren Treffen mit Assange vor einigen Jahren durchgesickert ist, gilt der Fall als umstritten. Doch das könnte sich bald ohnehin erledigt haben. (mit dpa)