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Geheimnisse des Konzertsaals

Die Firma SBS unterstützt mit sehr viel Technik die Musiker. Doch sehen soll man davon im Kulturpalast fast nichts.

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© Bettina Klemm

Von Bettina Klemm

Im neuen Konzertsaal sitzen die Musiker quasi in der Mitte. Das Publikum soll von der Musik umhüllt sein und nichts den Kunstgenuss stören. Die Grundlagen dafür hat das Dresdner Unternehmen SBS Bühnentechnik geschaffen. Sie sind nahezu unsichtbar. In das Bühnenparkett wurden alle Einfassungen, Verblendungen und Klappen in höchster handwerklicher Qualität eingearbeitet, keine Fuge ist zu fühlen. Nahezu zärtlich streicht Projektmanager Gunter Weigelt darüber, darunter ist die Podienanlage und jede Menge weitere Technik eingebaut.

Technik unter dem Dach: An den Stahlseilen des Schnürbodens hängt die Akustikdecke des Konzertsaals.
Technik unter dem Dach: An den Stahlseilen des Schnürbodens hängt die Akustikdecke des Konzertsaals. © Bettina Klemm
Auf einem Gitterboden darunter befindet sich ein System mit gesondert steuerbaren Flaschenzügen, Ketten und Rollen. Die Säulen am Boden beherbergen eine eigens entwickelte Schalldämmung, damit durch die Öffnungen kein Laut in den Saal dringt.
Auf einem Gitterboden darunter befindet sich ein System mit gesondert steuerbaren Flaschenzügen, Ketten und Rollen. Die Säulen am Boden beherbergen eine eigens entwickelte Schalldämmung, damit durch die Öffnungen kein Laut in den Saal dringt. © Bettina Klemm

Vorn an der Bühne lässt sich eine Reihe Klappen öffnen. Dort können beispielsweise bei Gastspielen der U-Musik Kabel für Verstärker und Bühnenshow angedockt werden. Die Verbindungen werden hinter der Verkleidung der Saalwand und im Fußboden bis zu den Pulten der Ton- und Lichtregie geführt.

Die Bühne ist insgesamt 210 Quadratmeter groß. Unter einem 75 Quadratmeter großen Teil in der Mitte befindet sich eine Anlage, die für Frische und Luftfeuchtigkeit und damit für eine Wohlfühlatmosphäre für die Musiker sorgen soll.

Das Orchester nimmt auf verschiedenen Podien Platz. Die Anlage besteht aus 13 unterschiedlich großen Hubpodien, mit denen die Bühne in vier halbkreisförmigen, hintereinander liegenden Bögen abgestuft werden kann. Bewegt werden sie über sogenannte Linklifts, das sind Schubketten zum Anheben der Podien. Weil der Platz unter der Bühne sehr niedrig ist, denn darunter befindet sich die Herkuleskeule, lenken Antriebseinheiten die Schubketten in die horizontale Richtung auf den Betonboden. Mittels Scheren wird die Hubbewegung der Podien samt einem Gewicht von bis zu 9,2 Tonnen exakt geführt.

Gesteuert wird die Bühnentechnik über eine eigene Anlage. „Sie ist das Herzstück und hat eine von SBS entwickelte Computersteuerung mit der Bezeichnung Costaco-win“, sagt Steuerungsingenieur Detlef Schinke. Für die gesamte Bühnentechnik gibt es extreme Sicherheitsanforderungen, schließlich müssen sich Künstler und Publikum unter den Lasten gefahrfrei bewegen können.

Zu diesen bewegten Lasten gehören auch neun, je 400 Kilogramm schwere, Akustikplafonds unter der Saaldecke. Je nach Musikstück und Anforderungen des Dirigenten oder Tonmeisters lässt sich die Raumakustik über diese Deckensegel steuern. In ihnen ist das Licht für die Orchestermusiker integriert. Dabei wurde darauf geachtet, dass auch Bleistiftmarkierungen auf dem Notenblatt sichtbar sind.

Die Plafondteile hängen an Stahlseilen und werden über zwei getrennte Antriebssysteme unter dem Kupferdach des Kulturpalasts bewegt. Dort oben hat SBS ein ganzes Schienensystem mit Drehweichen geschaffen. So können 500 Kilo hebende Kettenzüge an die gewünschte Stelle verschoben werden. SBS verbaute 80 Tonnen Stahl in der Obermaschinerie. Das komplexe System ermöglicht es, die Beleuchtung, Elektroakustik und Dekoration genau dort im Saal zu platzieren, wo es gewünscht ist. Die Seile und Ketten können durch über 100 Öffnungen abgelassen werden. Oberhalb der Saaldecke befindet sich über jedem dieser Punkte ein Führungsrohr, das mit einer vom Akustiker ausgeklügelten Schalldämmung versehen ist. Im Saal sind diese nahezu unsichtbar.

In der Mitte der Saaldecke gibt es eine Klappe, die rautenförmig geöffnet wird. Merkel-Raute scherzen die Techniker. Bei Bedarf werden durch diese Öffnung zwei schmale, lange Lautsprecherpaare für Durchsagen an das Publikum hinabgelassen. Im hintersten Teil der Saaldecke ist eine rechteckige Klappe zu erkennen. Sie dient dazu, eine 12 mal 17 Meter große Filmleinwand hinunterzulassen.

Ins Brandschutzkonzept integriert sind zahlreiche bühnentechnische Einrichtungen wie Deckenklappen und die Plafonds, die im Brandfall in vorgegebene Positionen gebracht werden müssen. „Die Feuerwehr kann die Computersteuerung der Bühnentechnik von ihrem Notauslösetableau aus umgehen und einen simplen aber sicher funktionierenden Mechanismus auslösen“, erklärt Gunter Weigelt.