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Geheimnisse unterm Farbanstrich

Die Erhaltung von Denkmälern gehört auch zum ländlichen Bauen. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist der Wilde Mann.

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© Dietmar Thomas

Von Sylvia jentzsch

Ostrau/Mittelsachsen. Die Veranstaltung „Ländliches Bauen“ der Nestbauzentrale Mittelsachsen nutzten nicht nur Bauwillige, um sich zu informieren. Viele von ihnen waren gekommen, um sich den Baufortschritt im Ballsaal des ehemaligen Gasthofes Wilder Mann in Ostrau anzusehen. Darüber informierten Vereinsvorsitzende Monika Fischer und Restaurator Matthias Steude von der Höhne & Steude GbR Leisnig.

Mitglieder des Vereins wie Alexander Berger beseitigten in mühevoller Arbeit Farbe und Latex.
Mitglieder des Vereins wie Alexander Berger beseitigten in mühevoller Arbeit Farbe und Latex. © Dietmar Thomas

Bereits im vergangenen Jahr wurden sogenannte Sichtachsen angelegt, um zu sehen, welche Geheimnisse unter den mit verschiedenen Farbanstrichen versehenen Wänden und der Decke stecken. Mit dem Heißluftgebläse, Spachtel oder Skalpell wurde 2017 die Latexschicht auf der opulenten Stuckdekoration im Saal des Wilden Mannes entfernt. Jetzt sind die Wände dran. Das übernehmen die Mitglieder des Vereins Kulturdenkmal ehemaliger Gasthof Wilder Mann selbst. Dafür opfern sie viel Freizeit.

„Es war manchmal sehr schwierig zu ermitteln, zu welcher Zeitebene die einzelnen Farbschichten gehörten“, so der Restaurator. Denn es liegen auch keine Dokumentationen vor, wie sich die Gestaltung des Saales seit dem Bau des Gasthofes verändert hat. Entschieden haben sich sie die Restauratoren in Absprache mit der Oberen und Unteren Denkmalschutzbehörde sowie dem Verein für das Deckenbild, das einen Engelsreigen zeigt.

Darunter zu sehen war die klassizistische Deckenmalerei, die voraussichtlich mit dem Bau des Gebäudes im Jahr 1850 entstanden ist. Nach der Reichsgründung 1871 entsprach die Gestaltung nicht mehr dem Geschmack der Zeit. Man wollte mehr präsentieren – innen wie außen. Und so entstand Ende des 19. Jahrhunderts unter anderem die Decke des Saales im Jugendstil.

Auch die Rosette in der Mitte des Bildes wurde restauriert. „Gut, dass sie in der jüngeren Vergangenheit nicht einfach abgerissen, sondern nur abgedeckt worden ist“, so Steude. An der Wand über der Bühne sind Teile von Landschaftsdarstellungen zu sehen. „Wir haben noch keine Möglichkeit, wie wir diese freilegen können. Wahrscheinlich werden nur Belegfelder entstehen“, sagte der Restaurator. Er spricht von einer Sparvariante.

Auch an anderen Stellen gibt es noch viel freizulegen. Deshalb nutzen die Vereinsmitglieder jede freie Minuten, um in mühevoller Kleinarbeit die Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Restauratoren wieder etwas aufbauen können. Zu ihnen gehören unter anderem Alexander Berger und Olaf Baumgärtner. „Es ist einfach ein Traum, dass wir hier mit dabei sein können. Wir entdecken die Spuren der Vergangenheit und erhalten sie für die Zukunft“, so Olaf Baumgärtner. Es sei einfach ein sehr schönes Erlebnis, obwohl die Arbeit ganz schön auf die Knochen gehe. „Und der Erfolg gibt uns recht“, so der Ostrauer.

Der Fachbereichsleiter Denkmalschutz im Landratsamt Jörg Liebig sprach davon, dass im Kulturdenkmal Wilden Mann etwas passiere, mit dem keiner gerechnet habe. Zu Beginn gab es Distanz und Hoffnung. „Doch was hier ins Laufen gekommen ist, ist unglaublich“, so Liebig. Es haben sich Leute gefunden, die mit der notwendigen Zeit, Lebenserfahrung und durch ihren Beruf das notwendige Rüstzeug haben, um so ein großes Vorhaben umzusetzen. Dazu gehören allen voran Vereinschefin Monika Fischer, ihr Mann sowie Heike und Tilo Grundmann.

Auch wenn noch viele Jahre benötigt würden, um alles zu schaffen, so sei es genau richtig, mit kleinen, überschaubaren Schritten voranzukommen, sagte der Denkmalschützer. Es sei auch ein Glück, dass sich Bürgermeister Dirk Schilling (CDU) nicht nur in seiner Position, sondern auch als Vereinsmitglied für das Denkmal einbringe. „Mit Thorsten Kühnrich gehört ein Top-Architekt sowie mit Höhne und Steude sehr gute Restauratoren zum Team, dass sich um die Sanierung des Wilden Mannes kümmert“, sagte Liebig. Den erklärte der Denkmalschützer zur Veranstaltung „Ländliches Bauen“ für gerettet.