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Geht die Rathausuhr nach dem Mond?

Die Uhrzeit an der Ostseite des Rathausturms gibt Pirnaern und Gästen Rätsel auf. Und doch hat alles seine Richtigkeit.

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© Daniel Schäfer

Von Mareike Huisinga

Pirna. Nanu, wer hat am Zeiger der Rathausuhr gedreht? Das Zifferblatt an der östlichen Seite zeigt eine komische Zeit an. Ist es zum Beispiel dreiviertel eins wie auf unserem Foto, dann steht die Uhr an der Ostseite des Rathausturms auf fünf nach neun. Wie spät ist es denn jetzt wirklich? Das fragte sich vor Kurzem eine Pirnaerin und wandte sich damit an die Redaktion.

Nichts ist falsch am Rathausturm, die Ziffernblätter der Uhr zeigen alle dieselbe Zeit, weiß Gerburg Sturm, Museumspädagogin in Pirna. Die Rathausuhr wurde extra in dieser Art von Klaus Ferner vom Turmuhrenbau Meißen im Jahre 1999 gestaltet – um auf die Vergangenheit hinzuweisen.

Die ungewöhnliche Uhrzeit an der Ostseite des Rathauses hängt mit der Entwicklung der Uhr zusammen. Lange Zeit hatte es an öffentlichen Uhren nur einen Stundenzeiger gegeben, einen einzelnen großen Zeiger, der rund ums Ziffernblatt wanderte. In Pirna wollte man die Zeit allerdings etwas genauer wissen, deshalb ließ der Rat die Turmuhr vermutlich zu Beginn des 18. Jahrhunderts um einen Viertelstundenzeiger ergänzen. Bei der Sanierung der Uhr 1999 wurde diese historische Zeitanzeige am östlichen Ziffernblatt wieder korrekt eingestellt: Der große Zeiger gibt die Stunden an, während der kleinere auf die Viertelstundenanzeige im innen liegenden Ziffernring weist. Auch die schwarze Kugel oberhalb des Ziffernblattes hat einen Sinn: Sie zeigt die Mondphasen an. Bei Stadtführungen sind diese Besonderheiten immer wieder Thema.

Der Viertelstundenzeiger brachte also eine Verbesserung in der Genauigkeit der Zeitangabe. Mit der Zusammenführung der Stunden- und Viertelstundenanzeige auf einem einzigen Zahlenring begann sich die Funktion der Zeiger später dann allerdings so zu verändern, wie wir es heute kennen: Der kleinere Zeiger zeigt die Stunden und der größere die Minuten an.

Diese Entwicklung erfolgte über eine lange Zeitspanne und war regional sehr verschieden. Die Minutenanzeige an öffentlichen Uhren setzte sich erst im 19. Jahrhundert durch, als für Eisenbahnen Fahrpläne mit Minutenanzeige aufgestellt wurden, berichtet Gerburg Sturm.

Wem das Zeitablesen an der östlichen Seite der Rathausuhr zu anstrengend ist, der sollte auf die Zifferblätter an den drei anderen Seiten gucken. Hier wird die Zeit angezeigt, wie wir es gewohnt sind.

Eine kleine Anregung in Richtung Stadtverwaltung: Wie wäre es, wenn man eine Hinweistafel am Rathaus anbringt, die die Besonderheit der Pirnaer Rathausuhr griffig erläutert? Das würde bestimmt zahlreichen Touristen, die sich keiner erklärenden Stadtführung anschließen, Erhellung bringen.