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Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung

Zahlreiche Unternehmen leiden aufgrund der Corona-Krise unter Umsatzeinbußen. Viele Arbeitnehmer fürchten um ihren Arbeitsplatz.

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© Jörg Möller/pixabay.com

Es herrscht teilweise große Verunsicherung, ob der Arbeitgeber in dieser besonderen Situation das Recht hat, schneller eine Kündigung auszusprechen.

Darf der Arbeitgeber wegen der Coronakrise ein Arbeitsverhältnis kündigen?

Die Coronakrise schafft grundsätzlich kein Sonderkündigungsrecht für den Arbeitgeber. Es gelten die bisherigen Grundsätze des Arbeitsrechts. Die im Vertrag festgelegten Kündigungsfristen sowie der Kündigungsschutz bestimmter Personen haben nach wie vor Bestand. Jedoch kann das Unternehmen bedingt durch die Pandemie in eine wirtschaftliche Krise geraten, sodass betriebsbedingte Kündigungen notwendig werden. Hierbei ist jedoch eine Sozialauswahl zu berücksichtigen. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur möglich, sagte uns RA Chevalier von der kanzlei-chevalier, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung verweigert bzw. aus Angst vor einer Infektion mit dem Corona-Virus nicht zur Arbeit erscheint. In diesem Fall ist zuvor eine Abmahnung erforderlich. Erscheint ein Mitarbeiter zur Arbeit, obwohl bei ihm eine Corona-Infektion nachgewiesen wurde, kann dies ebenfalls eine Abmahnung mit anschließender Kündigung nach sich ziehen.

Welche Kriterien müssen für eine Kündigung erfüllt sein?

Grundsätzlich unterscheidet man zunächst zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung. Im Falle einer ordentlichen Kündigung muss eine Kündigungsfrist eingehalten werden. Letztere ergibt sich z. B. aus dem Tarifvertrag, kürzer als vier Wochen sollte diese Frist jedoch nicht sein. Eine Ausnahme besteht innerhalb der Probezeit. Hier beträgt die Frist lediglich zwei Wochen. Bei einer ordentlichen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der Frist. Das bedeutet, der Angestellte ist in diesem Zeitraum noch bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Wenn der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung aussprechen will, müssen folgende Gründe vorliegen:

  • betriebsbedingte Gründe (z. B. notwendiger Stellenabbau)
  • verhaltensbedingte Gründe
  • personenbedingte Gründe (z. B. Minderleistung oder Schlechtleistung, andauernde Krankheit)

Im Falle einer fristlosen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis unverzüglich. Jedoch muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden, nachdem der Arbeitgeber von dem Fehlverhalten Kenntnis erlangt. Eine außerordentliche Kündigung ist nur durch eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitnehmers gerechtfertigt. Dabei kann es sich z. B. um Arbeitszeitbetrug, Diebstähle, Veruntreuung, Beleidigungen oder tätliche Angriffe handeln. Eine leistungsbedingte fristlose Kündigung ist dementsprechend nicht möglich. Um eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung auszusprechen, muss der Arbeitnehmer bereits für ein ähnliches Verhalten einmal abgemahnt worden sein. Von dieser Regelung kann jedoch in Ausnahmefällen abgesehen werden. Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn der Arbeitnehmer offensichtlich nicht gewillt ist, sein Verhalten zu ändern. Handelt es sich um ein derart schwerwiegendes Vergehen, sodass die Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar wäre, kann ebenfalls verhaltensbedingt ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden.


Ein gewissenhafter Arbeitgeber wird den Arbeitnehmer vor Ausspruch der fristlosen Kündigung befragen, um mögliche Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe zu erfahren. Letztere können in manchen Fällen die fristlose Kündigung unwirksam machen. Eine Kündigung "auf Verdacht" kann für den Arbeitgeber negative Konsequenzen nach sich ziehen, wenn sich hinterher herausstellt, dass der Sachverhalt anders liegt. Rechtlich vorgeschrieben ist eine Anhörung jedoch nicht.

Sind Sie der Meinung, dass Sie zu Unrecht gekündigt worden sind, nehmen Sie Kontakt zu einer Kanzlei auf.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit dem externen Redakteur F. Grabsch.