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Gemeinnützige Arbeit statt Knast

Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann und deshalb hinter Gitter soll, bekommt beim Bautzener Brücke-Verein Hilfe. Auf vielfältige Weise.

Von Carmen Schumann
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Ein Gefängnisaufenthalt droht Menschen, die Geldstrafen nicht zahlen. Der Bautzener Brückeverein hilft Betroffenen.
Ein Gefängnisaufenthalt droht Menschen, die Geldstrafen nicht zahlen. Der Bautzener Brückeverein hilft Betroffenen. © Symbolfoto: SZ-Archiv

Bautzen.  Menschen, denen Haft droht, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen können, hilft der Bautzener Brücke-Verein. Er begleitet das Projekt „Sozialarbeit zur Reduzierung von Ersatzfreiheitsstrafen“, das das Sächsische Justizministerium im vergangenen Jahr aufgelegt hat.

Wer beim Fahren ohne Fahrerlaubnis oder unter Alkoholeinfluss ertappt wird, muss sich auf eine Geldstrafe einstellen. Auch Unterschlagung oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte führen zu empfindlichen Strafzahlungen. Auf richterlichen Beschluss erhält der Betroffene dann den sogenannten Tagessatz aufgebrummt. Der berechnet sich aus dem monatlichen Einkommen des Delinquenten, geteilt durch 30. Dadurch wird eine gewisse Gerechtigkeit erzielt, denn wer mehr verdient, bezahlt auch mehr als Geringverdienende.

285 Hafttage vermieden

Doch gerade Letztere kommen oft in Bedrängnis, weil sie die Strafe nicht bezahlen können. Wenn dann noch die entsprechenden Zahlungsaufforderungen und Mahnungen ignoriert werden, kann es passieren, dass eines Tages die Handschellen klicken und der Betreffende ins Gefängnis muss, um eine Ersatzfreiheitsstrafe abzubüßen. Die Zahl der Tage, die hinter Gittern abzusitzen sind, richtet sich dabei nach der Zahl der Tagessätze, die der Verurteilte zu zahlen hätte.

Für den Staat ist das Ganze jedoch ein Verlustgeschäft. Denn das Geld vom  Verurteilten bekommt er nicht, sondern muss stattdessen für Kost und Logis aufkommen. Nicht zuletzt deshalb hat das Justizministerium das neue Projekt aufgelegt. 

Beim Bautzener Brücke-Verein hat man damit bereits gute Erfahrungen gemacht. „Zwischen April und Dezember 2019 konnten so bereits 285 Hafttage eingespart werden“, hat die Projektverantwortliche Ines Wuitz ausgerechnet. In diesem Zeitraum wurden 20 Personen betreut, denen eine Haftstrafe wegen nicht bezahlter Geldstrafen drohte. Einige von ihnen waren den Brücke-Mitarbeitern durch ihre Arbeit bekannt, andere wurden ihnen durch andere Hilfseinrichtungen sowie den sozialen Dienst der Justiz vermittelt.

Sozialarbeiterin Ines Wuitz ist beim Bautzener Brücke-Verein für das Projekt zuständig, das Menschen dabei hilft, einen Gefängnisaufenthalt zu vermeiden. Faltblätter, die über die verschiedenen Möglichkeiten informieren, verteilt der Verein in Bautzen.
Sozialarbeiterin Ines Wuitz ist beim Bautzener Brücke-Verein für das Projekt zuständig, das Menschen dabei hilft, einen Gefängnisaufenthalt zu vermeiden. Faltblätter, die über die verschiedenen Möglichkeiten informieren, verteilt der Verein in Bautzen. © Carmen Schumann

Ines Wuitz möchte aber auch Menschen ermutigen, sich an den Verein zu wenden, die von dem Projekt bisher noch nichts wussten. „Wir haben unsere Faltblätter zwar in verschiedenen Einrichtungen, wie der Caritas, der Diakonie oder dem Steinhaus ausgelegt, aber es gibt sicherlich noch genügend Hilfesuchende, die wir noch nicht erreicht haben“, vermutet Ines Wuitz. „Unsere Beratung ist vertraulich und kostenlos“, unterstreicht die Sozialarbeiterin.

Letzteres sei dadurch möglich, dass das Projekt vom Sächsischen Justizministerium gefördert wird. Um zu verhindern, dass Säumige ihre Haftstrafen antreten müssen, können die Vereins-Mitarbeiter sie auf verschiedene Möglichkeiten hinweisen, der Misere zu entgehen. Zum einen können die Schulden in Ratenzahlungen abgestottert werden. Wem dies schwerfällt, der kann zum Beispiel mit dem Jobcenter vereinbaren, dass die Raten gleich einbehalten werden.

Hilfe bei Anträgen

Betroffene können aber auch gemeinnützig arbeiten. Die Zahl der zu leistenden Sozialstunden hängt von den verhängten Tagessätzen ab.

Wie Ines Wuitz sagt, hat der Brücke-Verein viele Kontakte zu Einsatzstellen, die in Frage kommen. Dabei sei zu beachten, dass die Einsatzstelle auch zum Klienten passen muss. Wer zum Beispiel wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz bestraft wurde, kommt nicht für eine Stelle mit Publikumsverkehr infrage. Mögliche Einsatzstellen sind zum Beispiel Friedhöfe, Kitas oder Pflegeeinrichtungen.

Die helfenden Maßnahmen müssen jeweils bei der Staatsanwaltschaft beantragt werden. Da dies vielen Menschen schwerfällt, können sie auch dafür die Hilfe des Brücke-Vereins in Anspruch nehmen.

Der Brücke-Verein ist per E-Mail zu erreichen: [email protected]

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