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Gericht stoppt „Wanderhure“

Julius Fischer ist Slam-Poet und Kabarettist. Sein Buch „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ ist vor allem - unernst. Doch das Düsseldorfer Landgericht setzte dem Spaß nun ein Ende.

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© Ordu

Frank Christiansen

Düsseldorf. Der Verlag Voland & Quist hat mit seinem Buchtitel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ eine juristische Niederlage erlitten. Das Düsseldorfer Landgericht entschied am Donnerstag, dass der Kurzgeschichtenband des Kabarettisten und Slam-Poeten Julius Fischer unter diesem Titel nicht mehr vertrieben werden darf (Az.: 37 O 6/14).

Die Macher des Verlags Voland & Quist: Sebastian Wolter (links) und Leif Greinus.
Die Macher des Verlags Voland & Quist: Sebastian Wolter (links) und Leif Greinus. © Robert Gommlich

Vergeblich hatte sich der Verlag (Leipzig/Dresden) auf die Satire-Freiheit berufen. Er erhielt allerdings eine Schonfrist bis Ende September und kann gegen die Entscheidung noch in die Berufung gehen. Der Schutz bekannter Titel gehe relativ weit, begründete Richter Hartwig Ollerdißen die Entscheidung. Und der beanstandete Titel lasse für sich genommen nicht erkennen, dass es sich um Satire handele.

Der Verlag Droemer Knaur (München), der die Bestseller-Buchreihe „Die Wanderhure“ verlegt, sah seine Titelrechte verletzt. Voland & Quist erwecke den Eindruck, es handele sich bei den „Wanderwegen“ um eine lizenzierte Produktion. Damit hänge sich der Verlag an den Welterfolg an.

Die bereits verfilmte Buchreihe „Die Wanderhure“, „Die Rache der Wanderhure“, „Die Tochter der Wanderhure“ und „Das Vermächtnis der Wanderhure“ genieße einen überragenden Ruf, hatte Droemer Knaur argumentiert. Auch als Verfilmung von Sat.1 war die „Wanderhure“ ein Publikumserfolg.

Voland & Quist hatte sich auf die Freiheit von Satire und Kunst berufen: Der Buchtitel sei eine ironische Verfremdung. Es handele sich um einen satirischen Kurzgeschichtenband. In der titelgebenden Geschichte gehe es um die aggressive Vermarktung von Bestsellern aller Genres. Damit handele es sich um eine Parodie, die von der grundgesetzlich garantierten Kunstfreiheit geschützt sei, zumal der Untertitel ausdrücklich laute: „Kein historischer Roman“.

„Die Entscheidung ist falsch und würde in der nächsten Instanz keinen Bestand haben“, kritisierte Voland & Quist-Anwalt Raphael Thomas. „Auch wenn Gerichte nicht unbedingt dafür bekannt sind, Spaß zu verstehen, hätten wir uns in diesem Fall eine intensivere Auseinandersetzung mit der vom Bundesverfassungsgericht wiederholt betonten Bedeutung der Satirefreiheit gewünscht.“ Eine Auseinandersetzung mit dem Tucholsky-Zitat „Satire darf alles“ habe das Gericht aber für nicht notwendig gehalten.

Die Verlagsleiter hatten in einer Stellungnahme bereits „in aller Schärfe“ auch den Vorwurf zurückgewiesen, ihr Autor Julius Fischer mache sich über das „traurige Schicksal der Wanderhuren im Mittelalter“ lustig.

Man störe sich nicht am Inhalt, sondern nur am Titel, hatte Droemer Knaur in Verhandlung deutlich versöhnlicher argumentiert. Dennoch konnten sich beide Parteien nicht auf einen Vergleich einigen.

Bei der Leipziger Buchmesse waren die „schönsten Wanderwege der Wanderhure“ in der Auswahl zum „Ungewöhnlichsten Buchtitel des Jahres 2013“. Er werde mit „Gnulpf und die Schranzen von Mölk“ nun einen weiteren Anlauf nehmen, den Wettbewerb zu gewinnen, kündigte Fischer auf seiner Facebook-Seite an. (dpa)