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Geschäftsinhaber geben auf

Mehrere Läden in der Stadt haben geschlossen oder kündigen das an. Zumeist aus wirtschaftlichen Gründen.

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© André Braun

Von Heike Heisig

Roßwein. Diesmal sind es nicht nur Gerüchte. Mehrere Ladenbesitzer in Roßwein geben auf, haben das zum Jahreswechsel schon getan oder sich neu orientiert. Wer beispielsweise vorm Fernsehgeschäft an der Dresdener Straße steht, erfährt per Aushang, dass man dort nichts mehr kaufen kann. Inhaber Wim Burkhardt informiert seine Kunden, dass er den Laden aufgegeben hat, weiterhin aber Garantie- und Serviceleistungen für bei ihm gekaufte und andere Geräte erledigt. Über eine Handynummer kann er kontaktiert werden. Mit diesem Wandel vom Verkauf hin zum reinen Dienstleister passe er sich sozusagen den Wünschen der Kunden an.

Per Aushang erfahren die Kunden auch am Lädchen an der Lommatzscher Straße, dass sie dort am 30. Januar das letzte Mal einkaufen können. Nach neuneinhalb Jahren gibt Inhaber Tilo Weinert an dieser Stelle auf. Das Lädchen an der Bahnhofstraße will er aber selbst weiterführen, eventuell mit einer Stundenkraft.

Ausgaben steigen ständig

Den drei Mitarbeiterinnen vom Geschäft an der Lommatzscher Straße musste Weinert kündigen. „Das ist mir nicht leicht gefallen“, gibt der Unternehmer zu. Doch in den zurückliegenden Monaten sei es zunehmend schwieriger geworden, den Geschäftsbetrieb abzusichern. Und: „Ja, es hat auch etwas mit dem Mindestlohn zu tun“, räumt der Händler ein. Neben den erhöhten Lohnkosten seien es aber auch die ständig steigenden Ausgaben in allen anderen Bereichen gewesen, die am Ende zu dieser Entscheidung geführt hätten. „Denn die Kaufkraft ist nach wie vor gering“, erklärt Tilo Weinert. Sein kulturelles Engagement wolle er beibehalten.

Seit einem Jahr betreibt Luise Schäfer-Thalheim das „Luisini“ an der Dresdener Straße. Das ist ein Bistro. Außerdem bietet sie ein Catering für verschiedene Anlässe an. Das Bistro hat vorläufig über Mittag nicht mehr geöffnet. „Dieses Angebot wurde zwar angenommen, allerdings hat es sich nicht gerechnet“, begründet Luise Schäfer-Thalheim die Einschränkungen. Ans Aufgeben denkt die Gastronomin aber nicht. Für Gruppen ab zehn Personen öffnet sie nach Anmeldung jederzeit.

Volkmar Raschdorf feiert im März das zehnjährige Bestehen seiner Boutique Fashion Store am Markt in Roßwein. Schließungsgerüchte hat er in dieser Zeit schon häufiger gehört. Das erleichtere das Arbeiten nicht unbedingt – auf dem ohnehin schwierigen Pflaster, das Roßwein sei. „Ich habe wie immer Ware geordert, der langfristige Mietervertrag ist von meiner Seite aus nicht gekündigt worden“, sagt Raschdorf. Er wisse nicht, weshalb immer wieder solche Gerüchte entstünden. Wie es mit dem Verkauf während des Straßen- und Gehwegbaus funktioniert, kann er noch nicht sagen. Dafür fehlen dem Geschäftsmann noch viele Informationen zum Bauablauf.

Wirtschaftliche Zwänge

Auch wenn die Boutique den Roßweinern erhalten bleibt – die allgemeine Geschäftsentwicklung beunruhigt einige Einwohner. Inzwischen gibt es an den meisten Straßen weniger funktionierende Geschäfte und mehr Ladenlokale, die geschlossen oder nur dekoriert sind. „Eine traurige Wahrheit“, so Peter Krause (Die Linke), amtierender Bürgermeister und Mitglied der Zukunftswerkstatt. Er sehe durchaus die wirtschaftlichen Zwänge, denen die Selbstständigen unterworfen sind. „Allerdings können wir als Stadt nichts tun, haben keine Möglichkeiten, in die Wirtschaft einzugreifen“, sagt er.

Leidtragende sind in jedem Fall treue Kunden wie Rentner Günter Keller. Der Technikfreak kaufte regelmäßig im Lädchen Fachzeitschriften. Dieses Angebot wird er genauso vermissen wie frische Eier und die netten Worte übern Ladentisch.