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Geschichte im Fokus

In Döbeln gibt es nicht nur jüdische Stolpersteine. Sondern auch regelmäßig Führungen durch die Stadt-Vergangenheit.

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© André Braun

Von Christian Kluge

Döbeln. Schon gewusst? In Döbeln gibt es inzwischen 16 Stolpersteine auf den Fußwegen der Muldestadt, die an die ehemaligen jüdischen Bewohner erinnern, die in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges vertrieben und ermordet wurden. Wen das interessiert, dem erklären das Stephan Conrad und Sophie Spitzner von der AG Geschichte in Döbeln gern, und zwar mehrmals im Jahr, auf unterschiedliche Art und Weise. So wie vergangenen Sonnabend, als sich mehrere Interessierte zum Start dieser besonderen Stadtführung im Café Courage in der Bahnhofstraße eingefunden hatten.

„Es kommen immer mal mehr, mal weniger Leute zum Stadtrundgang“, sagt Stephan Conrad. „Das Alter ist gemischt.“ Und was wurde denen, die sich für die jüdische Vergangenheit von Döbeln interessieren, diesmal geboten? „Wir berichten auf unserem Rundgang darüber, was mit den Familien passiert ist, die früher hier gewohnt und gearbeitet haben“, sagt der 33-jährige Conrad, der mit der drei Jahre jüngeren Sophie Spitzner und der AG Geschichte im Verein Treibhaus tief in die Vergangenheit der Juden in Döbeln eingetaucht ist. Erste Station am Sonnabend: Die Stolpersteine vor dem ehemaligen Haus von David und Helene Gutherz gleich um die Ecke in der Bahnhofstraße 51, fünf Hausnummern vom Start im Café Courage entfernt.

Beide hatten einen Doktortitel – und beide starben im März 1943. Sie fünf Tage vor ihrem Ehemann durch Selbstmord vor der erwarteten Deportation ins Konzentrationslager. Er am 12. März in den Gaskammern von Auschwitz. Daran erinnern die Stolpersteine. Sie sind unauffällig in der ganzen Muldestadt verteilt – aber auch nicht so unauffällig, dass Andersdenkende diese Mahnmale an die Nazi-Vergangenheit nicht in unregelmäßigen Abständen verschandeln würden, wie Stephan Conrad erzählt. „Mal mit Teer, mal versuchen sie, die Steine heraus zu hebeln.“ Doch auch wenn ein neuer Stolperstein um die 120 Euro kostet, werden diese Erinnerungen immer wieder ersetzt – egal, wie groß der Schaden am Ende auch war.

Wie groß das Ausmaß der Judenverfolgung in Döbeln war, lässt sich unter anderem in der umfangreichen Broschüre von Conrad/Spitzner nachlesen, die voraussichtlich im Januar 2019 mit über 120 Seiten neu aufgelegt wird. Der Titel „Niemand kam zurück“ sagt alles zum Thema Juden in Döbeln aus. „In diesem Zusammenhang möchten wir auf unsere nächste wichtige Veranstaltung hinweisen“, sagt Sophie Spitzner. Denn in dieser Woche Freitag steigt ab 18 Uhr die „Mahnwache an den Stolpersteinen im Altkreis Döbeln“. Eine bundesweite Aktion, die an die Verbrennung der jüdischen Synagogen vor 80 Jahren erinnern soll.