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Geschichten um das Bier und den großen Durst in Königstein

Das Brauwesen blühte in vielen Kellern schon vor dem Reinheitsgebot.

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© Repro Salzmann

Von Peter Salzmann

Königstein. Als sich kürzlich im Malerwinkel nahezu 150 Freunde des edlen Gerstensaftes trafen, könnte der „Königsteiner Brauabend“ der Beginn einer Tradition gewesen sein. „Die Historie des hiesigen Bieres ist es wert, vom Staub des Vergessens befreit zu werden“, erklärte dort Udo Kühn. Der passionierte Stadtführer behauptet aktenkundig: „1914 gab der Letzte von einst 46 brauberechtigten Bürgern das Gewerbe auf.“ Doch die Geschichte der Braukunst im „Städtgen Königstein“ begann laut Johann Gabriel Süssen schon weit vor 1516 in einer Zeit, in der keiner das deutsche Reinheitsgebot kannte. Darin war festgeschrieben, dass nur Gerstenmalz, Hopfen, Wasser und Hefe verwendet werden dürfen.

Magister Süssen schilderte in seinem „Beytrag zur Obersächsischen Historie“ – erschienen anno 1755 – , dass der „Commandant der Vestung, Generallieutenannt und Freyherr von Kyau“ aus dem 900 Ellen tiefen Brunnen eine Wasserprobe entnehmen ließ, um „gut Königsteiner Bier brauen zu lassen“. Und er „schaffte demnach alle Geräthe an, was zu einem Brauhause gehörig“. Doch es blieb erfolglos, was auf die mindere Qualität des Malzes zurückzuführen war. Brauwesen und Schifffahrt litten darunter sehr. 1710 sei laut Süssen aktenkundig, dass im „Städtlein Königstein... Bier gebraut wird“. Gar wöchentlich transportierte das Bierschiff das schäumende Gebräu über die Elbe nach Dresden, um Seiner Majestät mit dem Tafelgetränk den Durst zu stillen und die Kneipen in der Residenzstadt zu beliefern.

Im Königsteiner Adressbuch der Jahre 1887/88 sind 23 Gaststätten und Hotels aufgelistet, die vom Ausschank leben konnten. So gab’s eine „Böhmische Bierhalle“ in der Kleinen Kirchgasse, das „Gasthaus zum Kronprinz“ in der Hauptstraße und den Gasthof „Zum Lindengarten“ in Halbestadt, der auch als Flaschenbierhandlung firmierte. Die Stadtbrauerei hatte ihren Sitz am Pfaffenberg. Allein an der Schandauer Straße warteten neun Restaurationen auf durstige Gäste. Udo Kühn – das Geschichtsgewissen der Stadt – führt in unseren Tagen Schüler und Touristen zu „geheimnisvollen Orten“. Dabei macht der urige „Stadtschleicher“ mit Kellern und Gewölben vertraut, die Anno dunnemals zum Brauen und Lagern des edlen Gerstensaftes dienten. Am Anfang nach Pfaffendorf sind noch drei Gewölbe erhalten geblieben. So an der „Plappermühle“, in deren Eiskeller einst das „Böhmische Brauhaus“ sein Lager unterhielt.

Verbrieft bleibt: Im Jahre 1627 wird der Armbrust-Schützencompagnie gestattet, ein „ganz Gebräue Bier ohne Tanksteuer“ herzustellen. Dem Schützenkönig erlaubt die Obrigkeit, jährlich „ein ganz Bier Steuerfrey zu brauen“. Anno 1673 erhält der Gerichtsvogt „die Freyheit“, Bier zu brauen und auszuschenken. Er durfte mit anderen Braugenossen den Gertensaft für die „Vestungen Königstein und Sonnenstein“ sowie an den „Churfürsteschen Hof nach Dreßden“ als Hofbier verladen. 1755 avancierte aufgrund des „Königsteiner Bierzwangs“ die „Neue Schenke“ am Fuße der Festung zur Gaststätte, damit die Bauarbeiter eine fröhliche Einkehr halten und die Festungssoldaten ihren Sold versaufen konnten. Diese Gastlichkeit ist später als „Palmschänke“ bekannt geworden.

Der Durst ist in Königstein bis in unsere Tage geblieben. Doch nur noch wenige Gaststätten sind im aktuellen Telefonbuch zu finden.