Dresden
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Geschwätzige Hefen

Hefen reden miteinander. Wofür sich das nutzen lässt, finden Forscher der TU Dresden nun heraus.

Von Jana Mundus
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Der Hefezopf schweigt. Doch die darin enthaltene Bäckerhefe kann weit mehr als nur gut schmecken. Hefen könnten auch zu Sensoren werden.
Der Hefezopf schweigt. Doch die darin enthaltene Bäckerhefe kann weit mehr als nur gut schmecken. Hefen könnten auch zu Sensoren werden. © Uwe Landgraf

Treffen sich zwei Hefen: Was dann passiert, gleicht einem Gespräch. Einem mikrobiologischen Gespräch. Über Pheromone, kurze Eiweiße, teilen Hefezellen einander ihre Paarungstypen mit. Also in gewisser Weise ihre Geschlechter. 

Treffen sich Hefen unterschiedlicher Paarungstypen, aktivieren die Pheromone spezielle Empfängermoleküle auf der Zelloberfläche. Diese senden ein Signal in die Zelle und starten damit ein umfangreiches Programm, unter anderem die Aktivierung von genetischen Schaltern, die bestimmte Gene regulieren. Am Institut für Genetik der TU Dresden machte die Arbeitsgruppe um Kai Ostermann dieses Pheromonsystem in den letzten Jahren für technische Anwendungen nutzbar. So werden aus Hefen nun sogar Sensoren.

Hefen sind für solche Anwendungen gut geeignet. Sie sind sehr robust und die Wissenschaft weiß viel über ihren Aufbau und ihre Funktion. Außerdem sind sie einfach zu kultivieren und wachsen sehr schnell. Das Team um Kai Ostermann stellte aus den Hefen bereits Sensorzellen her, die auf einen Reiz aus der Umwelt reagieren. Sie anworten zum Beispiel mit der Produktion eines fluoreszierenden Eiweißes. Denkbar wäre deshalb auch, die Hefen zur Schadstoffbekämpfung einzusetzen. Sie können Enzyme herstellen, die beispielsweise Stoffe wie Antibiotika abbauen.

Die TU-Wissenschaftler entwickelten außerdem biologische Module, die gezielt das Wachstum von Hefezellen beeinflussen. Vor allem mit zwei Hefetypen arbeiten sie in Dresden. Mit der Bäckerhefe, die nicht nur in der Profi-Backstube, sondern auch in der heimischen Küche für Kuchen, Brot oder Brötchen genutzt wird. Außerdem mit einer verwandtschaftlich weit entfernten Spalthefe, die in Afrika zum Brauen von Hirsebier genutzt wird. Die entwickelten Module steuern beispielsweise die Bildung von DNA-schneidenden Enzymen, die also das Wachstum der Zellen stark vermindern können. Zudem wurden Module mit dem gegensätzlichen Effekt generiert: Sie führen erst zum Wachstum von vorher ruhenden Zellen.

Das Hefe-Kommunikationssystem auf Grundlage der Pheromone soll nun für komplexere Anwendungen modifiziert werden. Hefen können unterschiedliche Funktionen und Leistungen erbringen. Die Projektgruppe will mehrere Hefepopulationen in einer kontrollierten Kommunikation vereinen. Diese Zusammenschlüsse verschiedener Zelltypen sollen schließlich autonom unterschiedliche Aufgaben in Produktionsprozessen wahrnehmen. „Hefen erbringen mitunter sehr spezifische Stoffwechselleistungen“, führt Ostermann aus. „Wenn wir verschiedene Hefestämme mit unterschiedlichen Stoffwechselleistungen in kontrollierte Verbindungen bringen, könnte man auch komplexe Stoffumwandlungen in biotechnologischen Prozessen herbeiführen.“

Dem Team ist es kürzlich bereits gelungen, Hefen verschiedener Arten kontrolliert kommunizieren zu lassen. Gemeinsam mit der Professur für Bioverfahrenstechnik um Thomas Walther und Thomas Bley wurde ein mathematisches Modell entwickelt, das die Wachstumsraten der Hefen abbilden kann. Damit haben die Dresdner Wissenschaftler nun die Grundlagen zur Übertragung der Hefekommunikation auf biotechnologische Prozesse erarbeitet.