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Gespuckt, gerempelt und geschlagen

Für die Bahn ist es ein Alarmzeichen. Körperliche Angriffe auf Mitarbeiter haben 2013 um 20 Prozent zugenommen. Unklar ist, ob die steigende Zahl tatsächlich mehr Gewalt widerspiegelt.

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© dpa

Berlin. Sicherheitsleute und Zugbegleiter der Deutschen Bahn werden nach einer internen Übersicht häufiger körperlich attackiert. Im vergangenen Jahr zählte das Unternehmen 1.200 Fälle von Körperverletzung gegen Bahnangestellte, 200 mehr als 2012, wie ein Sprecher am Montag mitteilte. Er bestätigte damit einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag).

Ob es tatsächlich mehr Übergriffe gegen Bahnpersonal gab, ist aber nicht klar. Denn die Bahn habe ihre Leute verstärkt aufgefordert, alle relevanten Fälle anzuzeigen, sagte der Sprecher. „Das sind keine Kavaliersdelikte“, fügte er hinzu. Außerdem würden Sicherheitskräfte gezielter an Brennpunkten eingesetzt, etwa zur Überwachung des Partyverkehrs am Freitag- und Samstagabend auf größeren Bahnhöfen. Dort sei die Wahrscheinlichkeit von Konflikten höher.

Nach Einschätzung der Bahn ist die Gewaltbereitschaft insgesamt nicht gestiegen, aber „der Respekt vor Amtspersonen“ nehme offenkundig ab. „Unsere Kollegen sind kein Freiwild“, sagte Bahnvorstand Gerd Becht der Zeitung. „Wir dulden keine Gewalt.“

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat beobachtet, dass „die Fahrgäste aggressiver werden“. „Wo früher gepöbelt wurde, wird jetzt gespuckt. Wo früher gespuckt wurde, wird jetzt gerempelt und auch mal zugeschlagen“, berichtete EVG-Sprecher Uwe Reitz über die Erfahrungen der Eisenbahner.

Problematischer „Disco-Verkehr“

Als größten Problembereich sieht die Bahn den „Disco-Verkehr“ an den Wochenenden, wenn angetrunkene Jugendliche in Regionalzügen mit Bahnpersonal aneinandergeraten. Typische Konfliktsituationen entstünden auch durch Fahrgäste, die trotz Verbots rauchten oder durch ertappte Schwarzfahrer, die rabiat werden. Bei Körperverletzungen sind laut Bahn in etwa zwei Dritteln der Fälle Sicherheitsleute betroffen, zu einem Drittel sind Zugbegleiter die Opfer.

Schon seit einigen Jahren tauschen sich Bahn, Gewerkschaft und Betriebsrat in dem Projekt „Sicher unterwegs“ über die Probleme aus. Die Bahn will die Attacken nun tiefer analysieren: Es geht um die Orte, Uhrzeiten und die Gruppen, die für Gewalt verantwortlich sind. Entsprechend soll das Verhaltenstraining für Bahnbeschäftige verbessert werden.

Die EVG beklagte, dass die Bahn das Angebot solcher Trainingskurse zuletzt verringert habe. Sie sieht auch ein Defizit in der mittleren Führungsebene. Dort würden Übergriffe häufig nicht ernst genug genommen. Im Bahnvorstand hingegen sei das Problem angekommen. An diesem Mittwoch stellt die Bahn ihren Sicherheitrsbericht 2013 vor. (dpa)