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Gestohlene Gemälde zurück in Gotha

Es ist ein Kunstkrimi mit noch vielen offenen Fragen. Aber: Die 1979 verschwundenen Gemälde sind zurück. Und es gibt überraschende Erkenntnisse.

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Die wieder aufgetauchten Gemälde werden bei einer Pressekonferenz zur Rückführung von fünf gestohlenen Gemälden in die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha präsentiert.
Die wieder aufgetauchten Gemälde werden bei einer Pressekonferenz zur Rückführung von fünf gestohlenen Gemälden in die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha präsentiert. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Gotha. Fast genau 40 Jahre nach einem der größten Kunstdiebstähle der DDR sind fünf entwendete Gemälde zurück in Gotha. Es sei ein Glück, dass die Beute wieder dort sei, wo sie hingehöre, sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Montag in Gotha. "Nämlich an den Wänden in Gotha."

Am 14. Dezember 1979 wurden die fünf bedeutenden Bilder aus dem Gothaer Schloss Friedenstein gestohlen. Der Fall konnte nie aufgeklärt werden. Die Gemälde galten lange als verschollen. Im Sommer 2018 wurden sie dann dem damaligen Stiftungsratsvorsitzenden und Oberbürgermeister Gothas, Knut Kreuch, angeboten. Durch langwierige, diskrete Verhandlungen konnten die Werke nun zurückgeführt werden. Zuvor hatte das Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen in Berlin nach einer Untersuchung deren Echtheit bestätigt.

Mit den bislang anonym gebliebenen Anbietern schloss die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha eine schriftliche Vereinbarung über die Anerkennung der Bilder als Eigentum der Stiftung. Mit dem Schachzug löste die Stiftung mögliche rechtliche Probleme. Denn auch wenn die Stiftung Besitzerin ist, war die 30-jährige Verjährungsfrist für den Diebstahl längst erreicht. Für die Rückgabe selbst sei kein Geld gezahlt worden. Gegenseitiges Vertrauen und Schweigen hätten letztlich zum Erfolg geführt, sagte Kreuch am Montag.

Bei den Anbietern handele es sich um Erben, die den Erwerb mit Schilderungen verstorbener Eltern darstellten. Diese Geschichte um angebliche Stasi-Verwicklungen und Bezahlung für die Ausreise einer befreundeten in der DDR lebenden Familie sei inzwischen aber größtenteils widerlegt worden, hieß es.

In der Nacht zum 14. Dezember 1979 wurden fünf bedeutende Gemälde aus den Sammlun­gen des Gothaer Schlosses Friedenstein gestohlen. Über einen Anwalt waren im Juli 2018 anonyme Personen an die Stiftung herangetreten, um die fünf Gemälde zum Kauf anzubiete
In der Nacht zum 14. Dezember 1979 wurden fünf bedeutende Gemälde aus den Sammlun­gen des Gothaer Schlosses Friedenstein gestohlen. Über einen Anwalt waren im Juli 2018 anonyme Personen an die Stiftung herangetreten, um die fünf Gemälde zum Kauf anzubiete © Martin Schutt/dpa

Die Bilder sind nun in einer Sonderpräsentation bis zum 26. Januar im Herzoglichen Museum in Gotha zu sehen. Danach sollen sie restauriert werden. Die Werke weisen teilweise Schrammen und Risse auf. Wie aufwendig und teuer die Arbeiten werden, sei noch nicht klar. Die Stiftung hofft, die restaurierten Werke in einer großen Ausstellung im kommenden Jahr dann wieder öffentlich präsentieren zu können.

Einige der Bilder stammten noch aus der Kunstkammer, der jahrhundertealte Ursprung der Gothaer Sammlung, sagte Stiftungsdirektor Tobias Pfeifer-Helke. Die Sammlung habe aber durch Verkäufe und Kriegsereignisse Verluste zu beklagen. Die Liste der Verlustdokumentation sei noch immer lang. Auch deshalb sei der Diebstahl von 1979 als "Trauma von Gotha" zu sehen. "Weil die Sammlung vorher schon umfangreiche Verluste erlitten hat", so Pfeifer-Helke.

Wie inzwischen bekannt wurde, hat sich allerdings die kunsthistorische Einschätzung zu den gestohlenen Bildern geändert. So handele es sich beim Bild "Landstraße mit Bauernwagen und Kühen" demnach doch nicht um ein Werk vom Jan Brueghel dem Älteren (1568-1625). Stattdessen gehen die Gutachter von einer Werkstattarbeit aus, die wahrscheinlich im unmittelbaren Umkreis des Meisters entstanden ist.

Knut Kreuch, Oberbürgermeister von Gotha (Thüringen) und stellvertretender Stiftungsratsvorsitzender der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, ist glücklich, dass die fünf Gemälde nach gut 40 Jahren zurück sind.
Knut Kreuch, Oberbürgermeister von Gotha (Thüringen) und stellvertretender Stiftungsratsvorsitzender der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, ist glücklich, dass die fünf Gemälde nach gut 40 Jahren zurück sind. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Statt Jan Lievens, wie es in der Verlustdokumentation früher hieß, halten die Gutachter nun Ferdinand Bol (1616-1680) für den Maler des "Bildnis eines alten Mannes". Beim "Brustbild eines unbekannten Herrn mit Hut und Handschuhen" gehen die Experten dagegen nun davon aus, dass es Frans Hals selbst malte und doch keine Werkstattarbeit sei.

Das berühmte "Selbstbildnis mit Sonnenblume" stamme nicht von Anthonis van Dyck (1599-1641), sondern sei eine Kopie eines unbekannten Künstlers. "Das Porträt ist sehr bedeutend, das erklärt auch, weshalb schon im 17. Jahrhundert zahlreiche Kopien gefertigt worden sind", so Pfeifer-Helke. Das Original sei heute Eigentum des Dukes of Westminster. Im Falle der "Heiligen Katharina" handele es sich um ein Original von Hans Holbein dem Älteren (1465-1524). Es sei ein eigenständiges Werk und nicht - wie vermutet - Teil eines Altars.

Babette Winter, Thüringens Staatssekretärin für Kultur und Europa, erklärte am Montag, dass es ein historischer Tag für Gotha sei. "Das Signal an die Erbengeneration ist mir wichtig", sagte sie. Denn immer noch fehlten weit über 1000 Werke aus der Gothaer Sammlung. "Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben, dass das ein oder andere auch wieder den Weg nach Gotha zurückfindet."