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Affenpocken: WHO sieht keinen Grund zur Besorgnis

Die WHO rechnet mit einer weiter steigenden Fallzahl von Affenpocken. Die EU plant bei der Beschaffung eines Impfstoffes zusammenzuarbeiten.

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Sylvie Briand, Direktorin für Infektionsgefahrenmanagement der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dringt zwar auf verschiedene Maßnahmen, sieht aber keinen Grund für eine Alarmstimmung.
Sylvie Briand, Direktorin für Infektionsgefahrenmanagement der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dringt zwar auf verschiedene Maßnahmen, sieht aber keinen Grund für eine Alarmstimmung. © keystone

Genf. Die Affenpocken sind aus Sicht einer WHO-Expertin kein Grund zur Beunruhigung. "Das ist keine Krankheit, die die Öffentlichkeit besorgt machen sollte. Es handelt sich nicht um Covid", sagte Sylvie Briand, Expertin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Freitag in Genf bei einem Briefing für WHO-Mitgliedsländer. Maßnahmen seien angezeigt, Alarmstimmung aber unbegründet. Mit Stand Freitag meldete das Robert Koch-Institut (RKI) für Deutschland 16 Affenpockenfälle aus sechs Bundesländern.

Die Staaten sollten Briand zufolge Erkrankte rasch erfassen und Betroffene isolieren. Die WHO geht von meist milden Verläufen aus. Allerdings hätten Schwangere, Kinder und Menschen mit schwachem Immunsystem ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf. "Wir haben ein gutes Zeitfenster, die Übertragung nun zu stoppen", sagte Briand.

Der Epidemiologe Gérard Krause erwartet in Deutschland keine Affenpocken-Impfung für die breite Bevölkerung. "Die Impfung wird hier, soweit derzeit absehbar, immer nur eine Einzelfallentscheidung sein", so der Leiter der Epidemiologie am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) bei einem Briefing des Science Media Center (SMC). "Das ist sicherlich keine Sache, die sozusagen generell von der Stiko empfohlen und dann in der Breite angeboten werden wird."

EU plant gemeinsame Beschaffung von Affenpocken-Impfstoff

In der EU wird dennoch an einem gemeinsamen Einkauf von Impfstoffen und Medikamenten gegen die Affenpocken gearbeitet. Wie eine Sprecherin der EU-Kommission am Freitag in Brüssel bestätigte, wurde mit den Mitgliedstaaten ein breiter Konsens darüber erzielt, dass die neue EU-Behörde zur Vorsorge von Gesundheitskrisen (Hera) so bald wie möglich medizinische Abwehrmittel beschaffen soll. Das genaue Verfahren werde in den nächsten Tagen mit den Mitgliedstaaten festgelegt.

Zugleich betonte die Sprecherin aber auch, dass eine Affenpocken-Impfung auf ganz konkrete Fälle beschränkt sein werde, da die Übertragbarkeit und das Risiko des Virus nicht mit Covid-19 vergleichbar seien.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits Anfang der Woche mitgeteilt, dass sich Deutschland für den möglichen Fall einer weiteren Ausbreitung der Affenpocken bereits "bis zu 40.000 Dosen" Pockenimpfstoff gesichert habe. Das Vakzin namens Imvanex sei in den Vereinigten Staaten gegen Affenpocken zugelassen, sagte er. Es gehe darum, vorbereitet zu sein auf eventuell nötige Impfungen von Kontaktpersonen von Infizierten.

Affenpocken auch sexuell übertragbar

Der Münchner Infektiologe Clemens Wendtner führte bei dem Briefing für WHO-Mitgliedsländer aus, das neuerlich vermehrt in Europa erfasste Virus sei zuletzt auch in Sperma nachgewiesen worden. "Wir haben es letztendlich auch mit einer sexuell übertragbaren Erkrankung zu tun", sagte er. In den meisten Fällen sei das Affenpocken-Virus aber durch engen Körperkontakt übertragen worden, betonten die Experten. Das RKI geht auch von diesem Übertragungsweg aus.

Das Gesamtrisiko durch die Erkrankung wird von Gesundheitsbehörden für Personen mit mehreren Sexualpartnern als moderat und für die breitere Bevölkerung als gering eingeschätzt. Die WHO rechnet mit einer weiter steigenden Zahl von Fällen. Die Affenpocken seien inzwischen in mehr als 20 Ländern aufgetreten. (dpa)